Alarmierende Studie zur Lesekompetenz - Margetshöchheims SchülerInnen sind im Mittelfeld

Kürzlich zeigte eine alarmierende internationale Bildungsstudie, dass 25 % aller deutschen GrundschülerInnen nicht richtig lesen können. In Margetshöchheim sei die Situation glücklicherweise weniger dramatisch, sagt Rektor Becker. Laut bayernweiter Evaluierungen lägen die hiesigen Schulkinder im guten Mittelfeld.

Vergangene Woche sorgte die internationale IGLU-Studie zur Bewertung der Lesekompetenz von ViertklässlerInnen für Aufsehen, denn sie deckte auf, dass sich die Leseleistungen in deutschen Grundschulen trotz PISA-Schock und Fördermaßnahmen seit Jahren immer weiter verschlechtern. Mittlerweile kann jedes 4. Kind (25 %) am Ende der Grundschule nicht richtig lesen. Zwar liegt die Lesekompetenz deutscher SchülerInnen im internationalen Vergleich seit Jahren noch im Mittelfeld, seit 2016 ist sie aber noch einmal deutlich gesunken auf 524 Punkte (EU-Durchschnitt: 527 Punkte). Dass der Stellenwert des Lesens im "Land der Dichter und Denker" abnimmt, belegt auch die Studie "Vorlesemonitor", die jährlich von der Stiftung Lesen, der Deutschen Bahn und der ZEIT durchgeführt wird. Das erschreckende Ergebnis der Untersuchung von 2022: ganzen 39 % aller Kinder von 1-8 Jahren wird selten oder nie vorgelesen.

Die Margetshöchheimer Grundschule nahm an der besagten IGLU-Studie zwar nicht teil, verfügt aber trotzdem über wissenschaftliche Daten zur Lesekompetenz hiesiger SchülerInnen, denn in Bayern werden die Leistungen der DrittklässlerInnen jährlich im sogenannten VERA-Programm ermittelt (Abkürzung für "Vergleichsarbeiten"). Schulleiter Stephan Becker berichtet auf Nachfrage, dass die GrundschülerInnen in Margetshöchheim bei der Lesekompetenz "im guten Mittelfeld" lägen, also weder an der Spitze sind noch auffallend schlecht abschneiden. Die VERA-Evaluierungen werden stets in den 3. Klassen durchgeführt, weil im letzten Grundschuljahr der Leistungsdruck aufgrund des Übertrittszeugnisses schon sehr hoch ist. Die Margetshöchheimer ViertklässlerInnen schätzt Becker in puncto Lesekompetenz "eher überdurchschnittlich" ein. "Lesekompetenz ist eine Basiskompetenz, daher ist das Thema für uns sehr wichtig", sagt der Schulleiter. Schließlich wird jedes Kind, das nicht richtig lesen kann, in jedem Schulfach Schwierigkeiten bekommen und keinen guten (Aus-)Bildungsstand erreichen.

"Das Lesen kämpft gegen andere mediale Ablenkungen an"

Ein großes Problem beim Erwerb guter Lesefähigkeiten sieht Becker in der modernen digitalen Welt: "Das Lesen kämpft gegen andere mediale Ablenkungen an". Zudem führt die zunehmende Anzahl nicht-deutschsprachiger SchülerInnen dazu, dass gute Lesekompetenzen mühsamer erlernt werden müssen. Dass Margetshöchheim bei der Lesekompetenz der DrittklässlerInnen im guten Mittelfeld liege, hänge sicher auch mit der Sozialstruktur der Schule und der eher geringen Migrationsquote zusammen, sagt er: "Das kann an manchen Schulen in der Stadt schon ganz anders aussehen". Genaue Zahlen zu den Lesefähigkeiten der hiesigen GrundschülerInnen will Becker nicht nennen, denn die Ergebnisse der VERA-Programme sind nur für die jeweilige Schule bestimmt und sollen laut Kultusministerkonferenz ausdrücklich nicht veröffentlicht werden, damit die Schulen nicht in einer Art "Schulranking" in Konkurrenz zueinander treten.

Speziell zur Förderung der Lesekompetenz gibt es in der Grundschule das sogenannte FILBY-Programm (fachintegrierte Leseförderung Bayern), das unter Anderem Lesetrainings zur Verfügung stellt. Zum Programm gehört außerdem, dass jede Schule eine Lehrkraft als Lesebeauftragte benennt, die sich um die Bücherei kümmert, den Kindern neue Bücher vorstellt und Projekttage organisiert. So fand in der vergangenen Woche an der Margetshöchheimer Schule beispielsweise wieder die "Lesewoche" statt.

Der Personalmangel ist Teil des Problems

Im internationalen Vergleich ist die Lesezeit im Unterricht mit durchschnittlich 141 Minuten pro Woche in Deutschland gering, ergab die IGLU-Studie. Das ist natürlich auch dem Personalmangel an deutschen Schulen geschuldet: laut einer repräsentativen Forsa-Studie im Auftrag des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) vom März diesen Jahres fehlen in Deutschland derzeit rund 50.000 Lehrkräfte. Auf die allgemeinbildenden Schulen hochgerechnet, fehlen pro Schule 1,6 Lehrkräfte, bundesweit konnten 11 % der Stellen nicht besetzt werden. Auch Schulleiter Becker kann vom Personalmangel ein Lied singen: "Wenn eine Lehrkraft krank wird, gibt es keine Vertretung." Auch aus der sogenannten mobilen Reserve könnten keine Lehrkräfte mehr angefordert werden, denn es gebe viel zu wenige Ersatz-LehrerInnen für den Schulamtsbezirk: "Es gibt keine mobilen Reserven mehr". Das Problem beschäftigt den Schulleiter ganz aktuell, weil derzeit eine Lehrkraft längerfristig erkrankt ist; für die entfallenden 21 Stunden Unterricht pro Woche bekommt Becker eine Lehrkraft aus der mobilen Reserve aber nur für 6 Stunden pro Woche, das heißt 15 Stunden Unterricht müssen entweder entfallen oder von anderen Lehrkräften der Schule durch Mehrarbeit übernommen werden. "Wir stellen viele Stundenpläne um", berichtet er. Dass die Kinder in der Margetshöchheimer Grund- und Mittelschule gut lesen lernen, will Becker trotz des Fachkräftemangels mit verschiedenen Maßnahmen erreichen. Zum Einen werden schlechte LeserInnen mit Förderbedarf in Deutsch von einer speziell ausgebildeten Förderlehrerin in Kleingruppen unterrichtet, zudem gibt es Unterrichtsstunden in Deutsch als Zweitsprache jahrgangsübergreifend auch für ältere Kinder, und SchülerInnen können bei besonderem Bedarf auch im Einzelunterricht gefördert werden. Darüber hinaus nutze die Schule das Förderprogramm "gemeinsam.Brücken.bauen" der Staatsregierung zum Abbau pandemiebedingter Defizite. Im Rahmen dieses Förderprogramms kommen derzeit Lehramts-StudentInnen mit 1. Staatsexamen ein Mal pro Woche, um bis zu 8 Kinder mit besonderem Nachholbedarf zu unterstützen.

Dem Schulleiter mache es Hoffnung für die Zukunft, dass er in Margetshöchheim viele motivierte JunglehrerInnen und PraktikantInnen erlebe, erklärt er. Nichtsdestotrotz sei der Personalmangel an Schulen "das, was am meisten brennt". Eigentlich brauche es im Schulsystem einen "Rundumschlag", meint der Pädagoge. Für bessere Bedingungen und einen attraktiveren Lehrberuf demonstrierte Becker vergangene Woche mit KollegInnen in Würzburg bei der Demo der Lehrerverbände.

Informationen zur IGLU-Studie finden Sie unter https://www.n-tv.de/panorama/Viertklaessler-lesen-immer-schlechter-article24125924.html

Informationen zum Vorlesemonitor finden Sie unter https://www.stiftunglesen.de/ueber-uns/forschung/studien/vorlesemonitor#jmIndex0