Ein Streuobstzentrum und neue Produkte: Wie sich die Streuobst-Genossenschaft künftig entwickeln will

Corona hat  2020 auch der Margetshöchheimer Streuobst-Genossenschaft zu schaffen gemacht, denn plötzlich fielen größere Abnehmer wie Kantinen über Monate weg. Trotzdem gelang es der Main-Streuobst-Bienen, sich mit neuen Ideen gut zu entwickeln und den Gewinn erneut zu steigern. Um sich gut für die Zukunft aufzustellen, hätte die Genossenschaft gerne ein Streuobst-Zentrum.

"Im Thema Streuobst ist derzeit viel Bewegung drin, und die Genossenschaft hat schon relativ viele Standbeine", erläuterte Geschäftsführer Krischan Cords die positive Situation. Die Streuobst-Genossenschaft hat allen Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Warum das geplante Streuobstzentrum dabei eine wichtige Rolle spielt, kam bei der jüngsten Generalversammlung im Rathaus zur Sprache.

Rund 20 Mitglieder waren nach Margetshöchheim gekommen, darunter etliche aus weiter entfernten Orten wie Triefenstein oder Schweinfurt. Kein Wunder, denn die hiesige Main-Streuobst-Bienen eG besitzt längst überregionale Bedeutung; rund 45 Hektar Streuobstwiesen werden aktuell in den drei Landkreisen Main-Spessart, Würzburg und Kitzingen bewirtschaftet. Der Landkreis Würzburg gehört mit seinen ausgeprägten Beständen zu den wichtigsten Streuobst-Regionen Bayerns. Die größten Flächen, knapp 20 Hektar, liegen dabei im Gründungsort Margetshöchheim. Eindrucksvoll las Vorstandsmitglied Thomas Hermann aus dem "Landschaftspflegekonzept Bayern" von 1994 vor, das entgegen einer ansonsten nüchternen Sprache für Margetshöchheim und Erlabrunn von "regelrechten Streuobst"wäldern"" schwärmt.

Zeilweggebiet wäre "idealer Standort" für ein Streuobstzentrum

Wenn es nach der Genossenschaft ginge, wäre der Ortseingang von Margetshöchheim genau der richtige Standort für ein Streuobstzentrum. Ein Bildungs- und Informationszentrum sei "einer der wichtigsten Punkte, dass Streuobst in Zukunft funktioniert", sagte Geschäftsführer Krischan Cords in der Versammlung. Genauso sehen es auch die acht umliegenden ILE-Gemeinden (ILE= Allianz für "Integrierte Ländliche Entwicklung"), die das geplante Streuobstzentrum zum "Leuchtturmprojekt" erklärt haben. Im November 2018 habe es bereits Pläne für das Zentrum am strittigen Standort Zeilweg gegeben. "Wir haben uns als Genossenschaft schon damals für diesen Standort entschieden", erklärte Cords. Die Gründe liegen nahe: dadurch, dass das Zentrum am Streuobst-Rand läge, könnte man kleinen und großen Besuchern ohne lange Wege Theorie und Praxis anschaulich vermitteln. Man könne den Lehrauftrag direkt in die Wiese hineintragen. Für den jetzigen Standort, die alte Obsthalle mitten im Altort, gelte das nicht. "Dort sind die Wege zu lang, die Zufahrt beengt. Insofern gibt es hier nur diese eine Lösung", erklärte Vorstandsmitglied Hermann. "Das ist der ideale Standort aus unserer Sicht". Einig ist sich der Vorstand aber darin, dass die Genossenschaft sich aus der aktuellen "politischen und emotionalen Diskussion" in Margetshöchheim heraushält, die durch die geplante Ansiedlung eines Gewerbebaus entstanden ist. 

"Ordentliche Vermarktung von Streuobst ist das A und O"

Wie es mit dem geplanten Streuobstzentrum weitergeht, steht mindestens bis zur Auszählung des Bürgerentscheids am 25. Juli in den Sternen. Eindeutig ist aber, dass sich die Streuobst-Genossenschaft in den vergangenen Jahren äußerst positiv entwickelt hat und mit Optimismus in die Zukunft blicken kann. Die Zahl der Mitglieder ist auf 129 angewachsen, ebenso konnten sowohl die Umsätze als auch die Gewinne 2020 wieder gesteigert werden und lagen deutlich über den Erwartungen. Betrug der Umsatz im Jahr 2017 noch 79.000 Euro, kletterte er im Jahr 2020 auf satte 176.000 Euro. Erwartet waren 111.000 Euro. Der erzielte Gewinn beträgt 11.200 Euro und liegt damit mehr als 2.500 Euro höher als im Vorjahr. Erfreulich ist das besonders, weil die Streuobst-Genossenschaft 2020 harte Umsatzeinbrüche durch Corona zu verzeichnen hatte. Bis dato war der Verkauf von Apfelsaftschorle das Hauptgeschäft der Genossenschaft, vor Allem Tagungshäuser und Kantinen waren große, verlässliche Abnehmer. Wegen Corona brach dann der Verkauf von Schorle um rund 50% ein, neue Absatzwege mussten kurzfristig gefunden werden. "Zum Glück war, als Corona losging, die MainSchmecker-Homepage schon zum Shop umgebaut", erklärte Geschäftsführer Cords. MainSchmecker ist die Dachmarke der Margetshöchheimer Main-Streuobst-Bienen eG. Eine hohe Nachfrage nach sortenreinen Säften, Mischsäften und Edelbränden konnte die Umsatzverluste ausgleichen. Auch die Vermarktung von Obst und MainSchmecker-Produkten über größere Akteure wie den hiesigen Getränkehandel Volpert (beliefert unter Anderem Edeka), regionale Bioläden, die SoLaWü (solidarische Landwirtschaft Würzburg) etc. funktionierte. Rund 130 Tonnen Streuobst in Bioland-Qualität verarbeitete die Genossenschaft im vergangenen Jahr. 50 Tonnen wurden zu MainSchmecker-Saft und Schorle verarbeitet. 60 t gingen allein an Rhön Sprudel; die Firma produziert aus dem Streuobst der Genossenschaft unter Anderem für Alnatura. 10 Tonnen wurden zu Spezialitäten wie Liköre verarbeitet. Zudem konnte die Genossenschaft im Jahr 2020 viele Schnitt- und Pflanzaufträge im Wert von 26.000 Euro generieren. Deutlich wurde aber auch, dass die Streuobst-Genossenschaft weiterhin auf hohe landwirtschaftliche Fördergelder angewiesen ist, die derzeit fast ein Drittel der Einnahmen ausmachen.

Neue MainSchmecker-Produkte: Liköre, Weine, Marmeladen

Um sich nachhaltig weiterzuentwickeln, will die Streuobst-Genossenschaft einerseits in die Lage versetzt werden, das Wissen um Streuobst und dessen Erhalt und Pflege weiterzugeben. Dies soll mit einem überregional bedeutsamen Streuobstzentrum geschehen. Andererseits soll die Vermarktung gesteigert werden. Ein Ziel ist unter Anderem, neue Produkte zu entwickeln und das schwer zu verarbeitende Steinobst (Kirschen, Zwetschgen) in den Fokus zu rücken. Leinach und Margetshöchheim etwa haben ausgedehnte Kirschbestände, die wegen des kurzen Erntefensters aber schwierig zu verarbeiten sind. Perspektivisch sollen daher eine Entsteinungsmaschine und Einkochkessel angeschafft werden, um künftig auch regionale Bio-Marmeladen zu produzieren. Zudem will die Main-Streuobst-Bienen ihre Produktpalette um Weine und Liköre erweitern. Eine erste Produktlinie ist bereits in der Versektung, das Ergebnis in rund 9 Monaten erhältlich. Speierlingslikör gibt es aktuell schon bei den MainSchmeckern zu kaufen. Aufsichtsrat Jochen Diener wünscht sich, dass sich die Mitglieder der Genossenschaft auch als "Botschafter des Streuobstes" verstehen und auch im Alltag die Chance nutzen, sich für die MainSchmecker-Produkte einzusetzen. Martin Degenbeck, der in der Veitshöchheimer Landesanstalt für Wein- und Gartenbau für Landschaftsentwicklung zuständig ist und bei der Genossenschaft im Aufsichtsrat sitzt, sagte: "Der politische Wind läuft gerade in unsere Richtung, das sollten wir für unsere wirtschaftliche Entwicklung nutzen". Der Freistaat Bayern ist gerade dabei, einen Streuobst-Pakt für Bayern aufzulegen mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket und hohen Fördersummen. Wie der Streuobstanbau auf einzigartige Weise biologische Landwirtschaft, Naturschutz, Gewässerschutz und den Erhalt eines Kulturraums vereint, ist in der Politik angekommen.

Den MainSchmecker-Onlineshop der Genossenschaft finden Sie hier: https://main-schmecker.de/

Wenn Sie Mitglied bei der Main-Streuobst-Bienen eG werden oder sich informieren wollen: https://www.streuobst-bienen.de/cms/