Startschuss für die Sanierung der Kinderkrippe: Gemeinde und Diözese einigen sich endlich auf Kostenteilung

"Wir müssen in den sauren Apfel beissen", schwor Bürgermeister Waldemar Brohm die GemeinderätInnen bei der letzten Sitzung ein. Mit einstimmigem Beschluss gelang am Ende der Durchbruch für die Sanierung der Kinderkrippe: Gemeinde und Diözese werden sich die enormen Kosten 50:50 teilen. Für beide war es ein schwerer Schritt. Die Sanierung steht schon in den Startlöchern - im Mai soll es losgehen.

In Margetshöchheims jüngerer Geschichte ist die Kinderkrippe sicherlich das strapaziöseste Bauwerk. Schon kurz nach der Inbetriebnahme 2009 musste das Gebäude wegen gravierender Baumängel wieder schliessen, seither sind die Kinder in Containern untergebracht. Bis heute läuft der unerwartet lange Rechtsstreit, wer an der Misere schuld ist - Dauer und Ausgang weiter ungewiss. Am Prozess beteiligt ist die Gemeinde nicht - Klageparteien sind die Katholische Kirchenstiftung als Bauherrin gegen das damalige Architekturbüro sowie 9 beteiligte Handwerksbetriebe. Weil zumindest das Gerichtsgutachten endlich fertig ist, darf die Gemeinde Margetshöchheim jetzt aber bauen. Bauherrin bleibt die Katholische Kirchenstiftung; da sie selbst nicht über die nötige Finanzkraft verfügt, holt sie die Gelder dafür von der Diözese Würzburg. Auch die Gemeinde Margetshöchheim gibt Geld, sie tritt quasi als "Sponsor" für die Krippe auf, weil sie rechtlich zur Bereitstellung von Betreuungsplätzen verpflichtet ist. Bisher hatte die Diözese angeboten, die Sanierungskosten im üblichen Rahmen von 80 zu 20 aufzuteilen; unverschuldet einen solch hohen Anteil tragen zu müssen, hatte die Gemeinde aber abgelehnt. Schließlich liegen die veranschlagten Kosten bei rund 930.000 Euro. Jetzt der Kompromiss: Diözese und Gemeinde werden sich die Sanierungskosten je zur Hälfte teilen - für Margetshöchheim sind das rund 450.000 Euro. Fördermittel gibt es nicht, weil diese bei der Errichtung des Bauwerks geflossen sind. Deshalb kam auch ein Abriss nicht in Frage, denn die Gemeinde hätte dann Fördergelder zurückzahlen müssen.

Brohm: "Wir teilen nicht nur die Kosten, sondern auch alles, was reinkommt"

In der Gemeinderatssitzung war deutlich zu spüren, dass die Einigung niemandem leichtfiel. "Uns eint alle, dass wir die Sanierung der Kinderkrippe schnell voranbringen müssen", betonte Bürgermeister Brohm. "Wir sitzen gemeinsam in einem Boot und müssen mit gleicher Kraft rudern" meinte auch der neue Generalvikar der Diözese Würzburg, Dr. Jürgen Vorndran. Er ist seit September 2020 im Amt und musste intern "harte Verhandlungen" führen, um der Diözese die hälftige Kostenteilung abzuringen. Die Diözese habe sich stark zubewegt und wolle "die Kuh gemeinsam vom Eis bringen und die Sache jetzt bereinigen", berichtete er den GemeinderätInnen. Die Diözese schicke "500.000 Euro in den Äther", auf dem Kreditkonto der Gemeinde liegen 600.000 Euro. Ebenfalls in der Gemeinderatssitzung zugegen war der neue katholische Pfarrer Andreas Kneitz. Er ist erst seit September 2021 in der Margetshöchheimer Pfarrgemeinde (siehe Mainpost-Artikel https://www.mainpost.de/regional/wuerzburg/andreas-kneitz-wird-als-neuer-pfarrer-eingefuehrt-art-10659662). In der Sitzung war außerdem der am Gerichtsprozess beteiligte Fachanwalt der Kirchenstiftung, Dr. Jochen Hogrefe dabei. Diözese und Gemeinde teilen sich nicht nur die Kosten zur Hälfte, sondern auch alles, was aus dem Rechtsstreit wieder reinkommt. Wie er ausgeht, macht für die Gemeinde einen monetären Unterschied: endet er per Vergleich, liegt die im Gerichtsgutachten bezifferte Schadenssumme von 300.000 Euro im Topf. Die bisherigen Unterbringungskosten (Container) wären inkludiert; auch in der Sanierungssumme sind die Containerkosten mit drin. Viele GemeinderätInnen kritisierten dies. Wie Bürgermeister Brohm erläuterte, könne man die Kosten für die Sanierung und für die Unterbringung nicht getrennt betrachten. Die Kosten würden erst verrechnet, wenn Gelder zurückfließen - ob aus einem Vergleich oder aus einem Urteil. Endet der Gerichtsprozeß mit einem Urteil, käme auch Geld aus Schadensersatzansprüchen rein. Trotz dass die finanziellen Vorstellungen "weit auseinanderliegen" hofft der Anwalt auf einen Vergleich, denn man könne "so einen Prozess eine ganze Generation lang führen". "Wir verlieren schon deshalb so viel, weil es so lange dauert. Recht haben und Recht kriegen sind zwei verschiedene Paar Schuhe", gab der Jurist zu bedenken. Er glaubt, dass sich die Klageparteien noch in diesem Jahr einigen könnten, unter Anderem, weil es kürzlich einen Richterwechsel gab. Ein reguläres Ende des Prozesses sei nicht in Sicht - auch, weil es "zahlreiche Nebenkriegsschauplätze" gebe. Die Katholische Kirchenstiftung klagt nicht nur gegen das Architekturbüro, sondern auch gegen ausführende Handwerksbetriebe, sodass es viele Verfahrensbeteiligte gibt. Die Hoffnung ist, dass die Handwerksfirmen bei der Krippe jetzt einen Sanierungsbeitrag leisten. Dadurch würden sich zwei große Probleme verringern: erstens die Anzahl der Klageparteien im Prozess und zweitens die Höhe der Sanierungskosten.

Grün ist die Farbe der Hoffnung: die marode Kinderkrippe soll ab Mai saniert werden und schnellstmöglich wieder in Betrieb gehen. (Foto: Tina Göpfert)

"Es waren besondere Umstände, dass es zu dieser Katastrophe kam", meint der Jurist

Im Gemeinderat weckte das Befürchtungen. "Wir sind beim Bau auf die Nase gefallen und müssen jetzt gucken, dass wir bei der Sanierung nicht wieder auf die Nase fallen", meinte etwa Gerhard von Hinten von der MM. Ob es jetzt ein besseres Kontrollkonzept gebe, insbesondere wenn die damals beteiligten Firmen wieder involviert werden? Der Bürgermeister bejahte dies. Zum einen wird für die Krippe ein eigener Bauauschuss gebildet mit je einem Vertreter der Gemeinde, der Kirchenverwaltung sowie der KiTa-Leiterin Ursula Schleyer. Auch ist ein enger Austausch von KiTa-Leitung und Planungsbüro vorgesehen. Und Architekt Frank Stöcker vom jetzigen Planungsbüro erklärte dem Gemeinderat, dass ein Architekturbüro als "prüfende Instanz" grundsätzlich die Baukontrolle innehat. "Das Problem der Kinderkrippe war die schlechte Bauleitung", so Stöcker. Der damalige Architekt habe das Gebäude gut geplant; allerdings musste er sich aus schwerwiegenden persönlichen Gründen mitten im Bau aus dem Geschäft zurückziehen und sein unerfahrener Nachfolger sei der Situation nicht gewachsen gewesen. "Es hat hauptsächlich an der Bauaufsicht gekrankt", so der neue Planer. Dass sich eine solche Situation wiederholen könnte, halten sowohl der Architekt als auch der Jurist für extrem unwahrscheinlich.

Momentan arbeitet das Architekturbüro an der Werkplanung und der Abstimmung mit den Fachplanern. Durch den jetzigen Gemeinderatsbeschluß können die Ausschreibungen losgehen. Zwei der damaligen Handwerksbetriebe haben bereits ihren Sanierungsbeitrag zugesichert. Sie wollen im Mai loslegen, danach kommen die Firmen, die aus den Ausschreibungen hervorgehen. Die Kinderkrippe wird so instandgesetzt, wie sie damals bedarfsgerecht geplant war. Allerdings ist ein neues Brandschutzkonzept nötig, das in der damaligen Planung fehlte. "Die Kinderkrippe hätte so nie in Betrieb gehen dürfen", erläuterte der Anwalt. Der Brandschutz verursacht hohe Kosten und macht auch Eingriffe im Bestandsgebäude des Kindergartens nötig. Insgesamt ist eine Bauzeit von 9-10 Monaten veranschlagt - allerdings sei die Baubranche aktuell "unkalkulierbar geworden", so Architekt Stöcker. Eventuelle Preissteigerungen und Zeitverzögerungen erschweren auch die Kostenermittlung für die Sanierung. Heuer zu bauen, sei schwieriger als je zuvor. Die aktuelle Berechnung sei "sehr konservativ" und mögliche Sanierungsbeiträge der Handwerker noch nicht eingepreist, sagte Brohm. Es könne also sein, dass sich die Sanierungskosten nach unten korrigieren. Laut dem Architekten werde sich dies im Lauf der Baumaßnahme herauskristallisieren. Am Ende der Sitzung dankte Brohm den GemeinderätInnen für den für alle Beteiligten schwierigen, aber einstimmigen Beschluss: "Jetzt können wir endlich anfangen".