Flugblatt "Für den Erhalt eines naturnahen Ortseingangs" verärgerte den Gemeinderat - Klarstellung der Gemeinde

Foto vom Ortseingang am Zeilweg
Am Ortseingang zum Zeilweg soll eventuell ein Streuobst-Zentrum entstehen (Foto: Tina Göpfert)

Hintergrund: Ein Margetshöchheimer Unternehmer trat vor etwa zwei Jahren an die Gemeinde heran, dass er seinen Betrieb vergrößern und deshalb gerne ein Bürogebäude in Margetshöchheim errichten würde. Infrage kommt das Gebiet Zeilweg nahe dem Ortseingang an der Staatsstraße 2300, das bisher mit Wiese und Streuobst-Bäumen bewachsen und im Flächennutzungsplan schon lange als Baugebiet ausgewiesen ist. Die Fläche liegt in der sogenannten Wasserschutzzone.

Die Gemeinde zeigte sich der Idee gegenüber grundsätzlich aufgeschlossen. Es wurde beim Landratsamt eine sogenannte Bauvoranfrage gestellt, in der durch das Amt geprüft wird, ob und gegebenfalls wie die Fläche bebaut werden könnte. Eine Bauvoranfrage ist die vorbereitende Maßnahme für einen Bebauungsplan, sofern sie vom Landratsamt genehmigt wird. Die Fläche am Zeilweg war von den Fraktionen im Gemeinderat bereits mehrfach für Bebauungen diskutiert worden. So etwa für einen Spielplatz, für die Erweiterung der Kindertagesstätte oder auch für den Neubau eines Feuerwehrgerätehauses, was aufgrund der Klassifizierung als Wasserschutzzone jedoch nicht möglich ist. Nun beabsichtigt die Gemeinde, auf der Fläche am Zeilweg - falls das Landratsamt dem zustimmt - ein Bürogebäude sowie ein Streuobst-Zentrum zu errichten.

Mit den Planungen kann die Gemeinde erst beginnen, wenn die Bauvoranfrage durch das Landratsamt geklärt ist.

Im August wurde an die Margetshöchheimer Haushalte ein Flugblatt verteilt mit dem Titel "Für den Erhalt eines naturnahen Ortseingangs!"

 Als Verfasser ist G. Rothmund angegeben. Unter dem Titel heißt es: "Droht eine Zerstörung von Streuobstbeständen? Drohen Baumaßnahmen in der Wasserschutzzone? Eine Mehrheit im Gemeinderat wünscht in der Wasserschutzzone am Zeilweg / Heinrich-Böll-Straße den Bau eines Bürogebäudes und den Bau eines Streuobstzentrums mit Lagerhalle, beides mit vielen Parkplätzen (siehe Rückseite). Eine Bauvoranfrage wurde hierfür dem Landratsamt vorgelegt." (...)

In der Gemeinderatssitzung Anfang September wurde das Flugblatt mit dessen Inhalt deutlich kritisiert, da es einige Unrichtigkeiten enthält.

Deshalb hat die Gemeinde durch Bürgermeister Waldemar Brohm als Reaktion auf das Flugblatt für den Gemeinderat im Gemeindeblatt vom 15.9. eine Klarstellung zum Flugblatt veröffentlicht. Einstimmig beschlossen die Gemeinderäte in der Sitzung, dass die Unrichtigkeiten im Flugblatt unbedingt klargestellt werden müssten. Gemeinderat Simon Haupt (CSU) sagte, der Schutz des Trinkwassers habe absolute Priorität im Gemeinderat. Gemeinderat Andreas Raps (MM) zeigte sich ebenfalls irritiert über das Flugblatt, wenngleich er bei der MM auch inhaltliche Schnittmengen in Bezug auf die im Flugblatt befürchtete Nitratausschüttung erkennen könne. Die MM sei mit Blick auf das Thema Trinkwasser der Meinung, dass dort nicht gebaut werden solle.

 

Lesen Sie hier den Text des Flugblattes (a)

sowie die Stellungnahme der Gemeinde (b):

 

a) 1. "Für diese Vorhaben muss ein sehr wertvoller Streuobstbestand mit großen alten Bäumen gefällt werden, der jetzt noch die Struktur des Ortseingangs prägt."

b) "Verlust sehr wertvoller Streuobstbestände?" "Die Gemeinde Margetshöchheim hat in den letzten zwölf Jahren mit erheblichen finanziellen Mitteln die Streuobstbestände rund um unsere Gemeinde gepflegt und wieder aufgebaut, da der Obstanbau in unserer Gemeinde zur Geschichte unseres Dorfes zählt und Streuobst per se Grundwasserschutz bedeutet. Im Jahre 2014 wurde hierzu eine Streuobstgenossenschaft gegründet. (...) Der Sitz der Genossenschaft ist momentan in einem kleinen Büro im Rathaus und die Maschinen und Produkte der Genossenschaft sind in der Obsthalle untergebracht. Diese suboptimale, provisorische Lösung macht auch mittelfristig keinen Sinn, da die Obsthalle in einigen Jahren zur Parkscheune ausgebaut werden soll.

Deshalb wird seit mehr als zwei Jahren an Lösungsansätzen gearbeitet bzw. über diese diskutiert. In der ILE Main-Wein-Garten wurde sowohl im Bürgerworkshop als auch in der Bürgermeisterrunde das Thema Streuobstzentrum vielfach thematisiert und letztlich als Leuchtturmprojekt priorisiert.

Sicherlich werden bei der Baumaßnahme ein paar Bäume entfernt werden. Aber es werden auch ca. hundert neue und seltene Obstbäume gepflanzt werden, um die Fläche ökologisch aufzuwerten. Die Fläche an der Einfahrt zum Zeilweg erscheint aus vielen Gründen ein sinnvoller und logischer Standort zu sein. Zum einen ist die Anfahrt über die St2300, also nicht durch den gesamten Ortsbereich, möglich. Dies gilt sowohl für Besucher, als auch für Obstanlieferer bzw. Kunden der Streuobstgenossenschaft. Zum anderen ist es sinnvoll, ein Informationszentrum für Streuobst auch in der Nähe der Streuobstbestände anzusiedeln."

a) 2. "Mit den Baumaßnahmen sind erhebliche Oberflächeneingriffe verbunden, was mit einer erhöhten Nitratausschüttung und in der Folge mit Bodenversiegelung verbunden ist und das in einem sensiblen Bereich unserer Wasserschutzzone."

b) "Nitratausschüttung im Wasserschutzgebiet?" "In der Bauvoranfrage soll geklärt werden, ob und wie eine Bebauung am vorgesehen Standort möglich ist. In derselben Schutzzone 3a befinden sich auch die Wohngebäude im Herrmann-Hesse-Weg und der Kindergarten. Größere Erdbewegungen sind nicht vorgesehen!

Die Untere Naturschutzbehörde und die Wasserrechtsbehörde soll prüfen, ob, bzw. unter welchen Auflagen die geplante Bebauung erfolgen kann und welche Auswirkungen zu erwarten sind. Eine Bauvoranfrage ist kein Bauantrag und daher können noch keine planerischen Details angegeben werden."

a) 3. Aufgrund der Hanglage entsteht ein überdimensionierter Gebäuderiegel von fast 10 Metern Höhe (Blick von Nordosten) und 20 Metern Länge bzw. insgesamt mit dem weiteren Bürogebäude und der Lager/Maschinenhalle von etwa 50 Metern Länge, was nicht zur bestehenden Bebauung passt und was den Ortseingang mit seiner gewachsenen Obstbaumstruktur zum Nachteil verändern wird."

b) "Überdimensionierter Gebäuderiegel?" "Es soll ein mit Holzfassade verkleidetes, zweistöckiges Bürogebäude entstehen, welches sich harmonisch in die Landschaft einfügen wird. Weiterhin soll eine Gerätehalle von etwa 15 Metern (nicht 50 m, wie behauptet) Länge entstehen. (...). Nach langen Gesprächen hat die Gemeinde dem Bauwerber eine Teilfläche von rund 1000 qm an der Einfahrt zum Zeilweg in Aussicht gestellt und ihn gebeten, eine Vorplanung vorzulegen. Die Gebäude werden sich harmonisch in die Umgebungsbebauung einfügen."

a) 5.) Wir bedauern, dass die Diskussion um dieses Gebiet weitgehend an der Öffentlichkeit vorbei geführt wurde."

b) "Mangelnde Öffentlichkeitsbeteiligung?" "Zur Fläche und Baumaßnahme selbst gilt es anzumerken, dass die vorgeschlagene Fläche im Flächennutzungsplan seit mehr als 25 Jahren als bebeaubare Fläche eingetragen ist. Die Gemeinde hat diese Flächen daher in den letzten Jahren erworben.

Seit mehr als zwei Jahren hat die Gemeinde in verschiedensten Gremien (Gemeinderat und Bauausschuss) das Thema öffentlich beraten. Mehrere Beschlüsse wurden zu diesem Thema in den zuständigen Gremien gefasst und im Informationsblatt veröffentlicht.

Der letzte, mit großer Mehrheit im Gemeinderat gefasste Beschluss war, dass die Gemeinde an die mit einer Genehmigung befassten Behörden und Dienststellen eine Bauvoranfrage stellt. Diese Bauvoranfrage ist im Landratsamt zur Beurteilung eingereicht."

"Zusammenfassung:

Es gilt festzustellen, dass nicht geplant und beabsichtigt wird, unser Trinkwasser leichtsinnig aufs Spiel zu setzen. Es werden keine größeren Erdbewegungen durchgeführt. Es werden keine größeren Streuobstbestände gerodet, sondern mehr als hundert Bäume neu gepflanzt. Es gibt mehrere Beschlüsse des Gemeinderates und des Bauausschusses, welche die Ansiedlung des Streuobstzentrums und eines Gewerbetreibenden in beabsichtigter Art und Weise befürworten. Das Streuobstzentrum und die neuen Pflanzungen werden wesentlich zur Verbesserung der momentanen Situation führen." 

Margetshöchheim im September 2020

Für den Gemeinderat der Gemeinde Margetshöchheim

Waldemar Brohm

1. Bürgermeister"