Nachspiel zum Bürgerbegehren: GemeinderätInnen kritisieren "beleidigende Email"

Ganz so friedlich wie erhofft ist die Zeit nach dem Bürgerentscheid Zeilweg für die Margetshöchheimer Politik nicht verlaufen. In der jüngsten Gemeinderatssitzung äußerten mehrere Gemeinderäte Kritik an einer Email, die die Bürgerinitiative kurz vor der Stimmauszählung im Juli an die BürgermeisterInnen und GemeinderätInnen verschickt hatte. Auch ein Vorfall mit dem Wahlausschuss sorgte für Irritationen. Bürgermeister Waldemar Brohm (CSU) war im Vorfeld von mehreren GemeinderätInnen von CSU und SPD/UB gebeten worden, das Thema in der Sitzung nach der Sommerpause anzusprechen, da man die Anschuldigungen nicht so stehen lassen wolle.

Die MM war nicht betroffen, da sie sich pro Bürgerbegehren positioniert hatte. Drei der vier InitiatorInnen der Bürgerinitiative waren anwesend und nahmen Stellung.

Hintergrund: am Abend vor der Stimmauszählung des Bürgerentscheids (24. Juli) hatten die InitiatorInnen der Bürgerinitiative Ulrike von Rhein, Brigitte Muth von Hinten, Gerhard Väth und Klaus Freitag eine Email an alle Gemeinderatsmitglieder versandt, in der sie ihre Erfahrungen mit dem Bürgerbegehren schilderten. Darin heißt es zu Beginn: "Wir werden dies in allgemeiner Form machen, verbunden mit dem Angebot zu einem persönlichen Gespräch, bei dem wir die Gründe für unsere Aussagen gerne darlegen." Die Verallgemeinerungen waren einer der Knackpunkte, warum die Mail den GemeinderätInnen von CSU und SPD/UB so sauer aufstieß. Denn Anlaß zu der Mail war ursprünglich ein Treffen zwischen der Bürgerinitiative und dem Bürgermeister sowie Gemeinderatsmitgliedern zu Beginn des Begehrens, bei dem sich Brohm negativ verhalten hatte. Dafür entschuldigte er sich in der Sitzung bei den anwesenden InitiatorInnen. Initiator Gerhard Väth erklärte, die Initiative habe nicht denselben Informationsvorsprung gehabt, sich kleiner gefühlt und "gehofft, dass Sie auf uns zukommen." Der "frostige Empfang" im Gemeinderat vor der Zulassung habe die Leute "erschüttert", so Väth. "Das erste Gespräch war frostig, da bin ich bei Ihnen", gab Brohm sein Fehlverhalten zu. 

Dessen ungeachtet adressiert die Email nicht den Bürgermeister persönlich, sondern den ganzen Gemeinderat. Weiter heißt es in der Mail, wie Brohm zitierte: "(Im Gemeinderat) gibt (es) zwei Blöcke, das Abstimmungsverhalten der einzelnen Räte steht fest, eigene Meinungen scheint es nicht zu geben. Das ist befremdlich und verhindert jeden Kompromiss." Brohm zeigte sich von den Vorwürfen irritiert und entgegnete, dass der Gemeinderat ein konstruktives Gremium sei, in dem jeder seine eigene Meinung habe und auch vertrete. "Wenn Gemeinderatsbeschlüsse einstimmig getroffen werden, ist das nicht einer Blockbildung, sondern der Notwendigkeit der Beschlüsse geschuldet", erklärte er sichtlich emotional. Anschließend zitierte Brohm strittige Passagen aus der Email der Bürgerinitiative, die seiner Meinung nach schon fast im Bereich übler Nachrede lägen: "Absprachen mit den politisch Verantwortlichen wurden nicht eingehalten, die bestehende finanzielle und politische Ungleichheit beschämend missbräuchlich ausgespielt, Ansprechpartner lösten sich in Luft auf (...)". In Luft aufgelöst hatte sich niemand, vielmehr war Brohm während des Bürgerbegehrens für 7 Wochen aus persönlichen Gründen abwesend und wurde vom Zweiten Bürgermeister Norbert Götz (CSU) vertreten; das war allgemein bekannt. Bei den angeblich nicht eingehaltenen Absprachen ging es laut Initiator Klaus Freitag um das Aufhängen von Plakaten und die Frage, wer berechtigt sei, für das Ratsbegehren zu sprechen. Auf diese Frage sei keine Antwort gekommen. Norbert Götz, damals verantwortlicher Bürgermeister, bestreitet die Vorwürfe. Es sei grundsätzlich jeder Partei und Wählervereinigung rechtlich gestattet, Wahlplakate aufzuhängen; er habe aber darum gebeten, "nicht das ganze Dorf zuzupflastern", erklärt er auf Nachfrage. Die von der Bürgerinitiative angeprangerte "beschämend missbräuchlich ausgespielte Ungleichheit" wurde nicht erklärt. Außerdem zitierte Brohm weiter: "Das uns zugesicherte Lehrstück in Sachen Respekt, Transparenz und Sachlichkeit fand nicht statt" heißt es in der Email der Bürgerinitiative, des weiteren ist von "Überheblichkeit" die Rede. Brohm bezeichnete diese Inhalte als "grenzwertig" und "unterhalb der Gürtellinie" und fand es bedauerlich, dass sich die Bürgerinitiative im Nachgang nicht dafür entschuldigt hat.

Andere GemeinderätInnen reagierten deutlich heftiger auf die allgemeinen Anschuldigungen vonseiten der Initiative. Gemeinderätin Christine Haupt-Kreutzer (SPD) fand die Mail "unverschämt" und sagte: "Ich fühle mich persönlich angegriffen und hätte gerne gewusst, wann ich wen nicht respektvoll behandelt hätte". Sie fügte hinzu, dass der Ärger um eine Person nicht zu einer "Allgemeinverunglimpfung" berechtige. Auch Daniela Kircher (SPD) fühlte sich mit der Email persönlich beleidigt und empfand die Vorwürfe angesichts des ehrenamtlichen Engagements der RätInnen für die Bürger als schmerzhaft und nicht notwendig. "Demokratie ist nicht dieses kindergartenmäßige Verhalten und die Art und Weise, wie der Gemeinderat unter der Gürtellinie beleidigt wird", konstatierte Andreas Winkler (CSU). Er bezeichnete die Vorgehensweise als "Armutszeugnis". Väth erklärte im Lauf der Diskussion, es sei nicht die Absicht gewesen, jemanden abzuwerten oder zu beleidigen. "Wenn es passiert ist, können wir uns denk ich mal dafür entschuldigen", sagte er. Zahlreiche Anwesende waren der Meinung, dass dennoch Gesprächsbedarf zwischen dem Gemeinderat und der Bürgerinitiative besteht und man sich in einem anderen Rahmen aussprechen solle.

In der Email der Bürgerinitiative wurde auch der Margetshöchheim Blog verunglimpft: "auch der von der Gemeinde initiierte Margetshöchheimer Blog für eine neutrale und unabhängige Berichterstattung im Ort wurde seinem Anspruch in keiner Weise gerecht." Die Redakteurin des Blogs war in der Sitzung anwesend und forderte die InitiatorInnen der Bürgerinitiative auf, ihre Behauptung mit Argumenten zu begründen. "Ich möchte mal wissen, wo der Blog nicht neutral gewesen sein soll", fragte sie die InitiatorInnen. Väth erklärte, man könne diese Frage auf die Schnelle nicht beantworten, weil sich die Bürgerinitiative darauf nicht habe vorbereiten können.

Irritationen hatte es im Verlauf des Bürgerbegehrens auch im Vorfeld der Stimmauszählung gegeben, sagte Brohm in der Gemeinderatssitzung. Denn die Wahlleiterin wurde persönlich angegangen und es wurde aus den Reihen der Bürgerinitiative behauptet, die Zusammensetzung des Wahlausschusses habe "ein G'schmäckle". Das bedeutet nichts anderes, als dass den Mitgliedern des ordentlich bestellten Wahlausschusses hier Korrumpierbarkeit vorgeworfen wurde; eine solch steile These ohne die geringsten Anhaltspunkte oder Belege zeugt von einem schwierigen Verständnis für die Institutionen der Demokratie.