Ortsgeschichte von Margetshöchheim

Die Geschichte unseres Dorfes

"Alles Seiende ist ein Gewordenes" und "die Gegenwart kann nur verstehen, wer von der Vergangenheit etwas weiß", heißt es im Vorwort des Buches "Margetshöchheim am Main in Bildern und Geschichten von gestern" von Werner Lennemann und Günter Stock.

Deshalb soll hier die Ortsgeschichte Margetshöchheims, aus verschiedenen Quellen zusammengetragen, nicht zu kurz kommen.

Von der Steinzeit zum Reich der Franken

Die Ursprünge unserer Gemeinde reichen Jahrtausende zurück. Schon in der Jungsteinzeit um 4000 v. Chr. war das Maintal um Würzburg zu beiden Seiten des Flusses besiedelt, das belegen zahlreiche archäologische Funde wie beispielsweise Grabstätten aus Erlabrunn. Aus den steinzeitlichen Siedlungen entwickelten sich im Lauf der Zeit dann die heutigen Dörfer. In vorgeschichtlicher Zeit siedelten sich Kelten an, im 1. Jahrhundert v. Chr. wurden hier auch Germanen sesshaft. Ab dem 6. Jahrhundert n. Chr. strömten in der sogenannten Merowingerzeit die Franken in unser Gebiet ein. Ihr Sieg über die thüringischen Stämme im Jahr 531 markiert wohl den Beginn der eigentlichen Siedlungen unseres Maingebiets. In dieser Zeit der ostfränkischen Kolonisation zwischen 531 und 600 n. Chr. sind Margetshöchheim und Veitshöchheim, damals noch als zusammengehörige Ansiedlung links und rechts des Mains, entstanden.

Die Königshöfe der Franken begünstigten die Entstehung von Siedlungen, so auch in Zell, Margetshöchheim und Veitshöchheim. Als der Frankenkönig Dagobert ab 629 von Paris aus herrschte, trieb er die christliche Missionierung seines Reiches voran und entsandte die irischen Glaubensboten Kilian, Kolonat und Totnan zur Missionierung nach Mainfranken. Übrigens konnte durch archäologische Funde an der Karlburg bei Karlstadt inzwischen die Anwesenheit der drei Frankenapostel nachgewiesen werden. Die drei Missionare wurden um 689 ermordet, doch die wenig später zu ihren Ehren erbaute Erlöserkirche auf der Festung Marienberg in Würzburg zeugt von der großen Bedeutung, die der christliche Glaube in Mainfranken erlangt hatte.

Die heilige Margarethe und die Kirche als Mittelpunkt

Der christliche Glaube spielte im Lauf der späteren Jahrhunderte auch eine wichtige Rolle für Margetshöchheim, allein schon bei der Namensgebung. Beide Siedlungen hier links und rechts des Mains trugen einst den selben Namen: "Hochheim". Im Lauf der Zeit entwickelten sich die beiden Siedlungen dann zu den eigenständigen Orten "Hocheim ad sanctum Vitum" und "Hocheim sanctae Margarethae", also das Höchheim der heiligen Margarethe. Die heilige Margarethe, eine der 14 Nothelfer, wurde nun als Dorfpatronin verehrt. Sie gilt unter Anderem als Schutzpatronin gegen Unheil, das durch Gewässer hervorgerufen wird. Als der Main noch nicht kanalisiert war, gab es immer wieder große Überschwemmungen und Ungezieferplagen - so ist nicht verwunderlich, dass sich die Dorfbewohner für die Verschonung vor solchen Katastrophen die heilige Margarethe auswählten. Das Margetshöchheimer Dienstsiegel - auf rotem Grund ein golden bewehrter silberner Drache, hinter ihm ein silbernes Kreuz, um das sich die goldene Märtyrerkrone der Hl. Margaretha schlingt - ist an das Dorfgerichtssiegel von 1633 angelehnt und vereinigt zahlreiche Attribute der Schutzpatronin. Aus dem Jahr 1227 datiert die älteste noch erhaltene Urkunde, in der Margetshöchheim erstmals als "Hocheim" eigenständig erwähnt ist. In Zell gab es bereits ein Kloster zu der Zeit. Urkunden belegen, dass es "mit den Bewohnern von Hohcheim und dem Kloster der heiligen Jungfrau Maria in Zell" im selben Jahr 1227 einen Rechtsstreit um Waldgebiete am "Rotenberc" (Rotenberg) und "Scekeharth" (Scheckert) gab, den das Kloster gewann. Um 1300 wurde dann die erste kleine Margetshöchheimer Kirche an der Stelle der heutigen Pfarrkirche erbaut und der Ort "Hocheim sanctae Margarethae" genannt. Um die Kirche herum wurden die ersten Anwesen errichtet - das ursprüngliche Altdorf bestand nur aus den drei Straßen Mainstraße, Dorfstraße und Schmiedsgasse. Das nachweislich älteste Gebäude Margetshöchheims steht in der Mainstraße 2: Die linke Ecksäule des reich mit Schnitzwerk verzierten Fachwerkhauses trägt die Jahreszahl 1197. Im Jahr 1376 schrieben sich die beiden Höchheims dann schon recht ähnlich der heutigen Schreibweise "Margarethenhoechheim" und "Viteshochheim".

Auszug aus "Vierzehn Nothelfer", www.wikipedia.de:

12 Margaretaa Patronin der Gebärenden und bei allen Wunden Um 305 unter Diokletian enthauptet; in der Kirchenmalerei oft mit einem Drachen als Symbol des Teufels, den sie überwunden hat, dargestellt.a
       
14 Vitus (Veit) Helfer bei Krämpfen, Epilepsie, Tollwut, Veitstanz (Chorea Huntington), Bettnässen und Schlangenbiss

Patron der Apotheker, Gastwirte, Bierbrauer, Winzer, Kupferschmiede, Tänzer und Schauspieler

† als Märtyrer. Um 305 n. Chr. 1355 wurde sein Haupt in den Veitsdom (Prag) überführt.[2]

Im Jahr 1614 wurde das kleine Gotteshaus in der Mainstraße dank Fürstbischof Julius Echter erweitert (ihre jetzige, großzügige Form erhielt die Pfarrkirche erst beim Umbau 1953). Doch schon 1615 beklagte sich der damals zuständige Erlabrunner Pfarrer Jäger über das religiöse Leben: "die zu Margetshöchheim sind unfleißig im Besuch des Gottesdienstes in der eigenen Kirche". 1754 wurde Margetshöchheim eigene Pfarrei, in der Stiftungsurkunde heißt es, die Gemeinde habe dem "zeitlichen Pfarrern aus ihren eigenen Gemeinds-Mitteln jährlichen ein Fuder Most, oder, wann solcher nicht trankbaret wachset, statt dessen Zwölf Reichsthaler an Geld, dann ferner drey Clafter Scheyd, und einen Morgen Wiesen zum Genuß beyzulegen". Jedoch: der erste Margetshöchheimer Pfarrer Johannes Bayermann gab 1759 nach nur fünf Jahren sein Amt auf, da ihm viele Einwohner mit spöttischen und schändlichen Schmähworten das Leben versauerten. Auch ein eigenes Pfarrhaus hatte er nicht. Nach etlichen Verzögerungen durch die Dorfbewohner und Verhandlungen mit den Obrigkeiten wurde erst 1769 das stattliche Pfarrhaus mit Sommergarten in der Mainstraße 16 erbaut, wo es noch heute steht. Im Jahr 1743 grassierte eine Viehseuche im Ort und verschonte nur einen einzigen Hof, so wurde zu Ehren der 14 Nothelfer die kleine Wegkapelle an der Würzburger Straße errichtet. Auch zahlreiche alte Bildstöcke (der älteste aus dem Jahr 1732 befindet sich in der Mainstraße am "Etthöfer-Hof") und Marterl zeugen von der für Franken typischen religiösen Prägung.

Armut, Arbeit und Bildung

Der erste namentlich erwähnte Bürgermeister Margetshöchheims, damals als "Schultheiß" oder auch "Schulzen" bezeichnet, war Hannß Herwarth 1462. Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts gab es im Ort vier große Gutshöfe, deren Gutsherren den Einwohnern Arbeit verschafften, denn Margetshöchheim war damals ein ärmliches Tagelöhnerdorf: den Klosterhof außerhalb des Dorfes, den Sparneckerhof (Gebiet neben dem Rathaus), den 1664 erbauten Pfisterhof (Gebiet des heutigen Klostergeländes) und den Seibotshof zwischen Kirche und Pfisterhof. Im Lauf der Zeit wurden die großen Anwesen aufgesplittert, unter den rund 600 Einwohnern entstanden zahlreiche kleine Landwirtschaften. Die Bevölkerung fand aber auch andere Einkommensquellen: aus dem 19. Jahrhundert ist überliefert, dass in Margetshöchheim gegen Bezahlung "Pflegekinder", uneheliche Kinder aus Würzburg, aufgenommen wurden; doch allein in den Jahren 1829-1854 starben 676 (!) von ihnen. Zeitweise gab es im Ort auch zwei Armenhäuser. Lange war der Weinbau die wichtigste Einnahmequelle. Vor Allem in der Bachwiese entlang des "Bachberges" waren Weinberge angelegt, doch die Nordhänge brachten nicht gerade überragende Erträge, daher verlegte man sich etwa ab 1830 auf den ertragreicheren Obstbau und gab um 1900 den großflächigen Weinbau auf. Zu der Zeit hatte Margetshöchheim etwa 1000 Einwohner. Bis zur Industrialisierung durch die Eisenbahn und die nahegelegene Fabrik Koenig & Bauer blieb die Landwirtschaft wichtigste Einnahmequelle für die Bevölkerung, der Obstbau brachte gewissen Ruhm und Reichtum in die Gemeinde. 1907 wurde der Obst- und Gartenbauverein gegründet, der sich intensiv um die Interessen der Obstbauern bemühte. Auch als Margetshöchheim durch Eisenbahn und "Koe-Bau" schon zum Arbeiterdorf geworden war, blieb die landwirtschaftliche Nutzung: Quellen zufolge wurden selbst 1958 noch "6 Pferde, 75 Rinder, 351 Schweine, 12 Schafe, 1946 Hühner" sowie Enten, Gänse und Bienenvölker gehalten. Kuhgespanne prägten bis in die 1960er Jahre das Ortsbild. Die hiesigen Bauern brachten ihr Obst und Gemüse bis in die 1920er Jahre im "Marktschelch", einem auf Veitshöchheimer Seite von Pferden gezogenem Kahn, auf den Markt nach Würzburg; dort waren schmutzige Schuhe wegen der schlechten Straßen im Dorf lange das Erkennungszeichen der Landbevölkerung. Der erste urkundlich erwähnte Lehrer war Johann Fries im Jahr 1633. Doch die Margetshöchheimer Kinder wurden nur spärlich zum Unterricht geschickt. Aus dem Jahr 1669 heißt es, dass im Sommer nur vier bis fünf Kinder, im Winter höchstens 16 die Schule besuchten! Im Jahr 1672 wurde in der Mainstraße 14 das erste kleine Schulhaus gebaut, das als eines der markantesten restaurierten Fachwerkhäuser heute noch steht. Im Erdgeschoss hatte der Lehrer seine Wohnung, die oft vom Hochwasser überschwemmt war. Im ersten Stock befand sich der einzige Unterrichtsraum. Auch als ab 1800 der allgemeine Schulzwang eingeführt wurde, blieb der Lerneifer spärlich, historische Quellen bemängeln mehrfach den "nachlässigen Schulbesuch". Dennoch musste das Schulhaus wegen steigender Schülerzahlen vergrößert werden, 1857 wurde gegenüber dem ersten Schulhaus ein neues Gebäude errichtet und im Folgejahr ein zweiter Lehrer angestellt. Als 1865 Schwestern des Augsburger Klosters Maria Stern nach Margetshöchheim kamen und hier neben der Kirche ein Kloster mit "Kinderbewahranstalt" gründeten, wurde später auch eine Ordensschwester zur Lehrerin berufen. Bis nach dem 1. Weltkrieg wurden Jungen und Mädchen in Margetshöchheim von der dritten bis zur siebten Jahrgangsstufe getrennt unterrichtet. Die Ordensschwestern führten, ab 1952 im neu erbauten Kloster hinter der Kirche, nach der "Kinderbewahranstalt" den Kindergarten bis 2002 fort. 1927 erweiterte die Gemeinde die Schule in der Mainstraße um vier Klassen. Noch bis 1969 waren Kirche, Schule und Rathaus beieinander, bevor 1975 schließlich die große Verbandsschule am Grabenhügel für die Kinder aus Erlabrunn, Leinach, Margetshöchheim und Zell entstand. Die alte Schule wurde Ende der 1970er Jahre mit dem Rathaus zum Sitz der Verwaltungsgemeinschaft umgebaut.

Kriege, Rivalitäten und Errungenschaften

Durch seine strategisch günstige Lage direkt am Fluss und in unmittelbarer Nähe zu Würzburg und anderen größeren Städten verwundert es nicht, dass Margetshöchheim im Lauf der Jahrhunderte in zahlreiche Kriege involviert war. So wurde der Ort während des Dreißigjährigen Krieges 1633 von den Schweden besetzt, der Pfarrer kam dabei ums Leben. Während der Koalitionskriege besetzten 1792 preußische Truppen Margetshöchheim: 3 Offiziere, 1 Feldwebel, 164 Gemeine und 21 Pferde waren einquartiert. Als Franken 1796 während der Napoleonischen Kriege besetzt wurde, zogen französische und österreichische Truppen durch Margetshöchheim, für die ärmliche Bevölkerung waren es aufgrund hoher Abgaben bittere Jahre. So musste das Dorf 500 Gulden an die fürstliche Stadt- und Landkasse einzahlen und die Truppen verpflegen, der "Engelwirt" hatte das Geforderte zu organisieren: Wein, Brandwein, Speck, Wachslichter, Brot, Kirschen, Papierlaternen, Flaschen, Gläser, Haber, Heu und Geld. Kurz nach der Gründung des Klosters in Margetshöchheim begann 1866 der Deutsche Bruderkrieg, den die Gemeinde auch als Kriegsschauplatz miterlebte, denn das letzte Gefecht der Bayern gegen die Preußen fand am Hettstadter Hof statt. Die Bayern überquerten in Margetshöchheim den Main auf zwei Schiffsbrücken an der Fähre und an der Anlegestelle Dorfstraße. Schiffe und Kähne der Einwohner wurden versenkt und die Brücken angezündet, die brennenden Trümmer schwammen mainabwärts. Dann quartierten sich die Bayern auf den Veitshöchheimer Anhöhen ein, die Preußen verbargen sich im Margetshöchheimer Wald. Nun schossen die Bayern über Margetshöchheim hinweg in den Wald; 70 preußische Soldaten fielen dort, das Waldstück wird heute noch "Preußenhölzle" genannt. Viele Margetshöchheimer flüchteten oder versteckten sich mit ihrer Habe in den Kellern. Kurz darauf wurden preußische Soldaten in Margetshöchheim untergebracht, die dann die Brunnengasse bauten. 1870/71 tobte der Deutsch-Französische Krieg, 15 Margetshöchheimer wurden einberufen. Noch mehr Leid brachte ab 1914 der 1. Weltkrieg. Gerade als das bayerische Königspaar zur Jahrhundertfeier in Würzburg weilte, brach der Krieg aus. In der 1901 errichteten Fabrik Koenig & Bauer ("Koe-Bau") im Neuen Hafen wurden ab 1914 Minen und Granaten hergestellt. Zahlreiche Margetshöchheimer arbeiteten dort. Weil Kupfer und Messing benötigt wurden, mussten auch die Margetshöchheimer ihre Kupferkessel abgeben. Später gab es Getreidesammlungen, Lebensmittel wurden rationiert, die Bauersfrauen mussten die schwere Feldarbeit alleine verrichten. Historische Quellen berichten, dass neun gefangene Franzosen im Armenhaus untergebracht und zur Arbeit eingesetzt wurden. 1918 wurden Truppen auf dem Rückmarsch in Margetshöchheim einquartiert. 32 einberufene Margetshöchheimer verloren im Krieg ihr Leben. Nach dem 1. Weltkrieg herrschte Armut im Dorf. In dieser Notzeit gründete Pfarrer Alois Schwab Ende 1918 den Johannes-Zweig-Verein für ambulante Krankenpflege, denn es gab bis dato weder Arzt noch Apotheke im Dorf. Um die Gesundheit der Einwohner war es nicht gut bestellt: enge Wohnverhältnisse und die Entbehrungen des Krieges sorgten für eine sehr hohe Sterblichkeit - doppelt so hoch wie im doppelt so großen Veitshöchheim! Im Jahr 1919 begann die erste Krankenschwester in Margetshöchheim, Schwester Thoma Rieder, ihren Dienst im Kloster. Für die Versorgung der Kranken wurde ab 1929 in der Mainstraße neben dem Friedhof ein eigenes Filialkloster mit drei Krankenschwestern eröffnet. Es hatte Bestand, bis für die Schwestern 1952 ein neues Klostergelände mit Kindergarten hinter der Kirche erbaut wurde; im alten Filialkloster am Friedhof eröffnete dann der erste Margetshöchheimer Arzt, Dr. Bittkau, seine Praxis. 

Unter den Dorfgemeinschaften am Main gab es immer wieder Rivalitäten, die teils in köstlichen Anekdoten festgehalten sind. So errichtete Zell am Main im Jahr 1882 die erste Landfeuerwehr in Bayern, sieben Jahre später folgte Margetshöchheim. Zur ersten Margetshöchheimer Übung 1870 war auch die Zeller Wehr geladen, doch wurde deren Signalist Schulz von hiesigen Burschen verprügelt, und sie "packten ihn an mißhandelten ihn, verdarben ihn den Arm so, daß er für Tage arbeitsunfähig war...". Vom ersten Stiftungsfest der Wehr 1871 berichtete der Zeller Schriftführer Kilian Fasel über einen Streit der Margetshöchheimer Wehr mit einem Bauern, "welcher in Thätlichkeit ausartete und zur gerichtlichen Untersuchung kam". Fasel schrieb: "... ich habe mir vorgenommen, nie mehr einer Einladung nach Margetshöchheim beizuwohnen, solch rohe Menschen wie da, findet man nicht leicht". Auch mit den Veitshöchheimern gab es immer wieder Ärger. Bis zum Bau des ersten Mainstegs 1967, der später zu Ehren des ersten Bürgermeisters der Nachkriegszeit Ludwig-Volk-Steg genannt wurde, konnte der Main von Menschen und Fuhrwerken nur per Fähre überquert werden. Von 1817 ist ein Gerichtsverfahren der Margetshöchheimer überliefert, "weil die Zwergfährer von Veitshöchheim sie, wenn verlangt wurde, nachlässig bedienten und sie oft eine Stunde warten mußten, dann widerrechtlich gegen das alte Herkommen ein größeres und willkürliches Fahrgeld verlangten, und wenn dieses nicht verabreicht werden wollte, die Überfahrt versagten." Bis zur Errichtung der Staustufe 1934 transportierte später auch ein lärmender Kettendampfer, die "Meekuh", Mensch und Vieh über den Main. Beim Bau der ersten Gasleitung für die Straßenbeleuchtung vom Gaswerk in Veitshöchheim 1919, hatte die Rivalität der Gemeinden kuriose Folgen. Ursprünglich sollte ein Gehsteig über den Main errichtet und an diesem die Gasleitung befestigt werden. Weil aber die Margetshöchheimer nicht zur Besprechung erschienen, wurden die Gasrohre schließlich quer über den Main über zwei Masten gespannt, wo die eigenwillige Konstruktion bis zur Versorgung mit Ferngas 1966 hing. 1922 wurde die erste Wasserleitung im Ort errichtet, zuvor gab es nur die Dorfbrunnen, von denen das Wasser mühsam geholt werden musste und die in trockenen Jahren teils versiegten. Zur Finanzierung der Wasserleitung mussten die Dorfbewohner - es war die schwierige Zeit der Inflation - Getreide abliefern, von dem die Leitung dann bezahlt wurde. Erst 1928 kam der elektrische Strom ins Dorf. Die Elektrifizierung der Gemeinde lief nicht reibungslos, denn jahrelang sperrten sich Gemeinderat und Einwohner gegen die moderne Errungenschaft. "Das war ein Fortschritt! Die meisten hatten allerdings nur eine oder zwei Glühbirnen im Haus. Die Anschlüsse haben ja eine Stange Geld gekostet", berichtete die ehemalige Wirtin des Alten Schulzen, Emma Will. Im selben Jahr richtete Lorenz Haupt die erste Busverbindung Margetshöchheim - Würzburg ein. Der Bus fuhr Mittags und Abends, dazwischen wurden die zahlreichen Margetshöchheimer Arbeiter bei "Koe-Bau" abgeholt. Die schlechte Wirtschaftslage machte in den Folgejahren aber auch vor der Fabrik nicht Halt, 1926 wurden 75 Margetshöchheimer bei "Koe-Bau" entlassen. Bis in die 1930erJahre herrschte eine hohe Arbeitslosigkeit. Das Leben am Main war für die Dorfbewohner über Jahrhunderte Segen und Fluch zugleich. Lebenswichtiges Wasser und fruchtbare Böden einerseits, brachte der Fluss aber auch verheerende Katastrophen. Besonders vor 1934, als der Main zur Schiffahrtsstraße ausgebaut und die Schleuse errichtet wurde. Zahlreiche Hochwasser setzten den Altort unter Wasser, wie die Markierungen am "Etthöfer-Hof" in der Mainstraße belegen. Der höchste Wasserstand lag 1784 bei fast drei Metern über dem Gehsteig! Bevor der Main ausgebaut, verbreitert und begradigt wurde, hatte er zahlreiche Altwässer - damals "Bäu" und heute Buhnen genannt. Im Jahr 1929 ereignete sich auf den zugefrorenen Altwässern ein großes Unglück, als beim Schlittschuhlaufen vier Kinder mitsamt einem zu Hilfe eilenden Erwachsenen ins Eis einbrachen und ertranken. Am alten Friedhof erinnert ein großer Grabstein an die fünf Toten. Überschwemmte Straßen gab es in Margetshöchheim aber auch regelmäßig zur Schneeschmelze oder bei starken Regenfällen, bis der Ort 1940 seine erste Kanalisation erhielt.

Einschneidende Veränderungen brachte, wie anderswo auch, der 2. Weltkrieg. Im Jahr der Machtergreifung 1933 hatte Margetshöchheim rund 1250 Einwohner. Das Wahlergebnis damals - NSDAP: 85 Stimmen, Kommunisten: 85 Stimmen, SPD: 233 Stimmen, Bayer. Volkspartei: 303 Stimmen. Von 1932 ist überliefert, dass alle Margetshöchheimer Wirte sich weigerten, der NSDAP ihre Räume für Versammlungen zu überlassen und dass eine Versammlung unter freiem Himmel wegen lautstarkem Gebrüll an beiden Mainufern abgebrochen wurde. 1933 wurden dann in Margetshöchheim mehrere Kommunisten sowie Gemeinderäte der Bayer. Volkspartei verhaftet und der Freie Turnerbund, dem zahlreiche Gewerkschafter und Arbeiter von "Koe-Bau" angehörten, verboten. Im Lauf des Krieges wurden aus der Pfarrkirche die vier großen Glocken geholt und eingeschmolzen, im Kloster waren 20 Waisenkinder aus der Stadt untergebracht. Nach der Zerstörung Würzburgs am 16. März 1945 brachten zahllose Autos die Kinder und Alten nach Margetshöchheim; täglich wurden bis zu 30 Hungernde im Kloster gespeist und hunderte Ausgebombte versorgt. Von Zerstörungen ist Margetshöchheim aber verschont geblieben. In der Kriegszeit mussten die Daheimgebliebenen auf den Feldern schwer arbeiten, um die angeforderten Lebensmittel abzugeben. Überliefert ist, dass Margetshöchheim in einer Woche einmal ganze 1500 Zentner Rhabarber in die Stadt lieferte, was der Gemeinde den Spitznamen "Rhabarberhausen" einbrachte. Als an Ostern 1945 die Amerikaner einzogen, hatte jedes Haus die weiße Fahne gehisst. Es gab ein Lazarett in Margetshöchheim, und im Schulhaus waren 180 Amerikaner einquartiert. 95 Margetshöchheimer sind im Krieg gefallen oder nicht mehr heimgekehrt. Ein Segen für die Bevölkerung war die Margetshöchheimer Bäckerei Götz, 1931 auf der grünen Wiese zwischen Margetshöchheim und Zell errichtet; sie war auch für viele Würzburger in der völlig zerstörten Stadt damals die einzige Brotquelle. 1946 wurde sie jedoch als "Heeresbäckerei" von den Siegermächten beschlagnahmt und erst 1948 wieder geöffnet.

Wohnen und Leben nach dem Krieg

Der Aufschwung der Nachkriegszeit brachte für Margetshöchheim endgültig den Wandel vom ärmlichen Bauern- und Arbeiterdorf hin zur modernen Vorstadt-Gemeinde. Zahlreiche Infrastruktur-Projekte wie Spielplätze, das neue Kloster mit Kindergarten (1952), die Obsthalle für die Vermarktung der regionalen Erzeugnisse (1956 und 1961), der Mainsteg (1967) die Verbandsschule (1975) oder auch Sport- und Freizeitplätze erhöhten den Wohn- und Lebenswert im Ort. Auch die Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs war hier sehr gut - es gab Bäckereien, Metzger, mehrere Gasthäuser und kleine Läden wie den Uhrmacher, das Schuhgeschäft oder auch die Tankstelle. Aufgrund der guten Infrastruktur und verbesserten Anbindung mit dem öffentlichen Nahverkehr an Würzburg, zogen im Lauf der Zeit immer mehr Menschen nach Margetshöchheim. Lag die Einwohnerzahl 1950 noch bei rund 1660 Bürgern, lebten 1990 schon 3000 Menschen im Ort. Mittlerweile leben in Margetshöchheim rund 3150 Einwohner aus knapp 50 Nationen zusammen. Das Dorf musste dadurch auch räumlich wachsen, im Lauf der Nachkriegsjahre wurden von der St.-Bruno-Siedlung in der Sandflur bis zum Neubaugebiet am Zeilweg stetig neue Wohngebiete erschlossen. Eines ist sicher: Margetshöchheim, heute eine beliebte Gemeinde im Speckgürtel Würzburgs, wird sich auch zukünftig weiterentwickeln. Denn das einzig Beständige ist die Veränderung.


 

Verwendete Quellen:

Herzlichen Dank an die genannten Autoren für die freundliche Genehmigung

"Margetshöchheim - das Gartendorf am Main", 1991, Werner Lennemann und Günter Stock

"Margetshöchheim am Main in Bildern und Geschichten von gestern", wohl um 1970, Werner Lennemann und Günter Stock

"Sallemoals wor des sou - Emma Will erzählt", 1999, Günter Stock

"Margetshöchheim - die Geschichte des Maindorfs Margetshöchheim", 1965, Katholisches Pfarramt Margetshöchheim

"Das Margarethenfest - Seminararbeit zum Volkskundeseminar 'Das Maintal'", wohl um 1990, Susanne Batz

Main-Post vom Oktober 1997

www.margetshoechheim.de

www.wikipedia.de

Fotos: Gemeinde Margetshöchheim

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der aktuelle Ortsplan. Quelle: Gemeinde Margetshöchheim