Inzwischen leben etliche geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer in Margetshöchheim. Dabei hilft die Dorfgemeinschaft den leidgeplagten Menschen auf unterschiedlichste Weise - unter Anderem mit privaten Unterkünften, ehrenamtlichen Sprachkursen, Dolmetscherinnen und viel Engagement in der Verwaltung.
Bürgermeister Waldemar Brohm zeigt sich beeindruckt von der großen Hilfsbereitschaft in Margetshöchheim. Mittlerweile leben in der Verwaltungsgemeinschaft 39 Menschen, die vor dem Angriffskrieg aus der Ukraine geflohen sind, davon 22 in Margetshöchheim und 17 in Erlabrunn. Viele davon sind Frauen mit Kindern. Alle Ukrainerinnen und Ukrainer wurden von BürgerInnen in privaten Unterkünften aufgenommen. Für die Versorgung kommen die Behörden zusammen auf: die Mietkosten übernimmt der Landkreis, die Lebenshaltungskosten (Hartz IV) werden von den Gemeinden ausbezahlt und vom Bund erstattet. Großes Engagement zeigt auch die Verwaltung - schließlich müssen bei der Registrierung der Geflüchteten etliche Formulare ausgefüllt, überprüft, von der Gemeinde bestätigt und an die Ausländerbehörde im Landratsamt übermittelt werden. Das Landratsamt hat dafür Ausfüllhilfen in Ukrainisch und Russisch vorbereitet. Die Margetshöchheimer Verwaltung hat zudem Informationen über Hilfen, z.B. bei Krisen, zusammengestellt. Der Mehraufwand mit dem "Papierwust" sei enorm, berichtet Daniela Kiesel aus dem Bürgerbüro, aber die Zusammenarbeit und die Hilfsbereitschaft untereinander sei toll. Dankbar sei die Verwaltung besonders den vier Margetshöchheimer Dolmetscherinnen sowie den Kontaktpersonen der Gastfamilien, sagt Kiesel. Nach der Registrierung in der Gemeinde müssen die Geflüchteten mit einer Kontaktperson zur Registrierung bei der Ausländerbehörde.
Ehrenamtliche geben im Rathaus täglich Sprachunterricht
Die Verwaltungsgemeinschaft unterstützt auch unbürokratisch. Vor wenigen Wochen stellte die ehemalige Margetshöchheimer Schulleiterin Marion Reuther zusammen mit weiteren pensionierten Lehrkräften einen Deutsch-Kurs für die UkrainerInnen auf die Beine. Dafür stellt die Verwaltung täglich in den Vormittagsstunden den großen Sitzungssaal im Rathaus zur Verfügung. Zur Eröffnung am 1. April kamen rund 20 TeilnehmerInnen. Bürgermeister Brohm erklärte in seiner Begrüßungsrede, wie sehr die Nachrichten aus der Ukraine "täglich erschüttern" würden. "Wir hoffen, dass der Sprachkurs Ihnen das Leben in Deutschland ein bißchen leichter macht", sagte Brohm zu den Geflüchteten. Sein besonderer Dank galt den BürgerInnen, die UkrainerInnen bei sich aufgenommen haben sowie den Ehrenamtlichen, "ohne die das alles hier nicht möglich wäre". Mittlerweile nähmen täglich mindestens 20 Erwachsene an dem Deutsch-Kurs teil, berichtet Initiatorin Marion Reuther. Die meisten kommen aus Margetshöchheim, einzelne auch aus Zell, Erlabrunn und Veitshöchheim. Die UkrainerInnen seien sehr lernwillig, fleißig und motiviert, sagt sie. Die meisten kämen aus den Kriegsgebieten in der Ostukraine. Einige Geflüchtete sprächen sehr gut Englisch und alle könnten die lateinische Blockschrift lesen und schreiben, berichtet Reuther. Das Lernmaterial bereiten die ehrenamtlichen KursleiterInnen in Deutsch, Ukrainisch und Russisch vor. "Die Leute freuen sich richtig auf die Stunden", meint Reuther. Mittlerweile finden die Sprachkurse nur noch für die Erwachsenen statt, da die ukrainischen Kinder bereits in die Margetshöchheimer Schule aufgenommen wurden.
Unbürokratische, schnelle Reaktion der Schule
Auch in der Schule werden die jungen UkrainerInnen unterstützt. Sobald sich Geflüchtete in der Gemeinde anmelden, unterliegen die Kinder der Schulpflicht und müssen normalerweise in ihrem Schulsprengel beschult werden. In Margetshöchheim werden allerdings auch die ukrainischen Grundschulkinder aus Leinach unterrichtet, da dem Nachbarort die Kapazitäten fehlen. Wegen der anstehenden Generalsanierung stellt das die Schule vor große Herausforderungen, doch Schulleiter Stephan Becker ist zuversichtlich. Die größte Hürde sei momentan wie zuvor bei den corona-bedingten Ausfällen die "absolute Personalknappheit". Wenn Lehrkräfte ausfallen, könnten die Sprachkurse nicht stattfinden. Dass sich so viele ehemalige Lehrkräfte für die Geflüchteten engagieren, sei deshalb ein richtiger "Glücksfall". Momentan werden die 18 ukrainischen Kinder täglich für zwei Schulstunden von zwei pensionierten Lehrerinnen und zwei Lehrkräften der Schule in zwei nach Alter gestaffelten parallelen Willkommenskursen unterrichtet. In der übrigen Zeit sind die Kinder in ihren Regelklassen. Dort werden sie von MitschülerInnen intensiv betreut. Laut Becker klappt das gut, denn die jungen UkrainerInnen brächten einen sehr hohen Bildungsstand mit und könnten alle ab der 2. Klasse schon die lateinische Schrift lesen sowie englisch sprechen. Vom Ministerium kommt für die Integration der Geflüchteten bisher nur Allgemeines: "Wie gut es funktioniert, hängt von der jeweiligen Schule ab", meint der Schulleiter. Die Verwaltung lobt die schnelle, unbürokratische Hilfe seitens der Schule. Becker würde sich wünschen, dass die Kinder auch in ihrer Freizeit in Margetshöchheim Kontakte knüpfen können, beispielsweise durch Ehrenamtliche bei Ferienaktionen oder in den Vereinen: "Dann kämen die Kinder natürlich mit Sprache in Kontakt und wären abgelenkt von ihren Sorgen". Allerdings seien einige der Neuankömmlinge wohl traumatisiert und man müsse mit den Kindern "sehr sensibel umgehen", so Becker.
Wenn viele Menschen viele kleine Dinge tun...
Darüber hinaus engagieren sich MargetshöchheimerInnen auch mit kleinen Schritten für die geflüchteten UkrainerInnen. Für kommenden Sonntag hat die Integrationsbeauftragte Marion Reuther beispielsweise ein Treffen aller UkrainerInnen und ihrer Gastfamilien initiiert, damit sich die Menschen untereinander besser vernetzen können. In der Praxis von Dr. Matthias Heckel helfen eine ukrainische Ärztin sowie eine russischsprachige Arzthelferin den Geflüchteten bei medizinischen Problemen. Etliche Vereine wollen ihre Erlöse an Hilfsprojekte für die Ukraine spenden. Auch die Freiwillige Feuerwehr in Margetshöchheim hätte zur Aktion des bayerischen Feuerwehrverbands gerne gespendet, im Gegensatz zu vielen anderen Wehren "allerdings weder abgelaufenes noch sicherheitstechnisch fragwürdiges Material", so Erster Kommandant Peter Götz. Die Gemeinde will sich über Spenden mit den neuen Kommandanten noch abstimmen. Zudem prüft die Gemeinde, ob Sammelversicherungen für die untergebrachten UkrainerInnen möglich sind.