Aufarbeiten statt wegwerfen: die Reparaturquote beim letzten Repair-Cafe lag bei rund 70 %

In Margetshöchheim heißt es schon seit über zwei Jahren regelmäßig "Reparieren statt wegwerfen". Beim letzten Repair-Café konnten etwa 70 % aller defekten Gegenstände wieder instandgesetzt werden. Das in der EU kürzlich auf den Weg gebrachte Recht auf Reparatur dürfte den Ehrenamtlichen künftig nützen.

Für viele Konsumgüter wie Kühlschränke, Handys und Fahrräder soll es bald europaweit ein sogenanntes Recht auf Reparatur geben - darauf haben sich der EU-Rat und das EU-Parlament nun Anfang Februar geeinigt. Das Ganze muss noch in einen Rechtstext gegossen und vom EU-Parlament sowie den Mitgliedsstaaten offiziell angenommen werden, der Schritt gilt aber größtenteils als Formsache und dürfte innerhalb weniger Monate umgesetzt werden. Es gilt als wichtiger Schritt für die Ziele der EU, bis 2050 eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren und klimaneutral zu werden.

Das geplante Recht auf Reparatur dürfte auch dem Margetshöchheimer Repair-Café nützen. In jedem EU-Mitgliedsstaat soll nämlich ein wettbewerbsfähiger Reparaturmarkt entstehen, der unabhängige Reparatur-Betriebe und ausdrücklich auch Repair-Cafés fördert. Dafür sollen unter Anderem nationale Online-Plattformen mit Reparaturanbietern aufgesetzt werden, außerdem sollen die Hersteller verpflichtet werden, Ersatzteile und Informationen über ihre Produkte bereitzustellen, sodass die Geräte auch von TüftlerInnen instandgesetzt werden können. Zusätzlich sollen über nationale Reparaturfonds Anreize zum Reparieren durch Gutscheine und Fördergelder geschaffen werden.

Ein wichtiges Ziel beim Recht auf Reparatur ist die Müllvermeidung. Insbesondere die Mengen an Elektroschrott nehmen in der EU stetig zu und haben sich innerhalb von 10 Jahren bis 2021 auf fast 14 Millionen Tonnen fast verdoppelt. Beim Margetshöchheimer Repair-Café gehören defekte Elektrogeräte von Beginn an zu den am häufigsten vorbeigebrachten kaputten Gegenständen. Dabei sind oft nur Kleinigkeiten nötig, um die Dinge wieder in Gang zu bringen; meist haben die ehrenamtlichen Reparatur-ExpertInnen schnell herausgefunden, wo es klemmt oder wo welches Ersatzteil bestellt werden kann, um den Defekt einfach und kostengünstig zu beheben. Die meisten Reparateure sind Allrounder für Mechanik und Elektronik, zudem sind eine Näherin, ein Holzspezialist sowie ein PC-Spezialist im Team. Seit etwa einem Jahr steht im Repair-Café auch ein 3-D-Drucker zur Verfügung, mit dem Ersatzteile sogar selbst hergestellt werden können.

Zum letzten Repair-Café am 3. Februar wurden 34 unterschiedliche Dinge vorbeigebracht, die entweder nicht mehr funktionierten oder sonstige Mängel aufwiesen. Wie immer brachten die Leute auch diesmal hauptsächlich defekte Elektroartikel zum Repair-Café. Die ehrenamtlichen Helfer konnten ganze 60 % davon wieder zu neuem Leben verhelfen. Zusammen mit der Näherin, dem Holzfachmann und dem Fahrradexperten hatte das Repair-Café insgesamt sogar eine Erfolgsquote von 70 %. Die Initiatorin und MM-Gemeinderätin Ursula Grosch freut sich über den Erfolg und den regen Zuspruch des ehrenamtlichen Projekts: "Es ist schön zu spüren, dass auch nach 2 Jahren Repair-Café der Schwung und die Begeisterung noch da sind!"

Inzwischen hat sich das Margetshöchheimer Repair-Café nicht nur gut etabliert, sondern über die Gemeindegrenzen hinaus herumgesprochen. Es ist eines der ganz wenigen Repair-Cafés, die regelmäßig laufen. In Margetshöchheim findet es 5 x im Jahr im evangelischen Gemeindehaus statt. "Es kommen öfter Auswärtige vorbei und wir haben sogar Anfragen aus der Stadt, wann wieder unser Repair-Café stattfindet", berichtet Organisatorin Grosch. Alle Reparaturen werden von dem ehrenamtlichen Team gegen Spende durchgeführt, zudem gibt es im Café selbstgebackenen Kuchen und Kaffee auf Spendenbasis. Die Hälfte der Spenden geht an einen guten Zweck, den anderen Teil behält das Team für wichtige Anschaffungen für das Repair-Café.

Informationen zum geplanten Recht auf Reparatur finden Sie auf der Homepage des Europäischen Parlaments unter https://www.europarl.europa.eu/topics/de/article/20220331STO26410/recht-auf-reparatur-warum-sind-eu-rechtsvorschriften-wichtig

 

Auch diesmal wurden häufig defekte Elektrogeräte vorbeigebracht. Rund 60 % davon konnten erfolgreich repariert werden. (Foto: Ursula Grosch)
Oft braucht es außer Fachkenntnissen nicht viel, um die Dinge wieder in Gang zu bringen. (Foto: Ursula Grosch)
Eine Näherin kümmert sich um schadhafte Textilien. So wird Müllvermeidung zum Kinderspiel. (Foto: Ursula Grosch)