Eine im ganzen Land und aktuell in der Stadt Würzburg sehr heiß diskutierte Frage ist, ob die Klassenzimmer mit Mobilen Luftreinigungsgeräten nachgerüstet werden sollen, um die Übertragung von Corona in der Schule zu verhindern. In der jüngsten Sitzung hat sich der Schulverband (bestehend aus den Gemeinden Margetshöchheim, Erlabrunn, Zell und Leinach) endgültig gegen eine Anschaffung von Lüftungsgeräten positioniert.
Und das hat handfeste Gründe. "Ich weiß, dass Eltern das vielleicht anders sehen", sagte der Schulverbandsvorsitzende und Margetshöchheimer Bürgermeister Waldemar Brohm. "Deshalb wollen wir informieren und keinen Raum für Spekulationen bieten. Wir wollen uns der Diskussion stellen", sagte er. Der finanzielle Aspekt war bei der Entscheidung nicht ausschlaggebend, beteuerte Brohm.
Er spielte allerdings schon eine Rolle, denn die Lüftungsgeräte wären ziemlich kostspielig. Weil die Margetshöchheimer Grund- und Mittelschule verhältnismäßig große Klassenzimmer mit jeweils über 40 qm hat, wären pro Raum je nach Modell bis zu vier Geräte nötig - für das ganze Schulgebäude mit 13 Klassenzimmern und weiteren Räumen kämen so bis zu 100 Lüfter zusammen. Dafür müsste der Schulverband bis zu 83.000 Euro Miete berappen. Bei einem Kauf würden pro Gerät je nach Modell mindestens 1.200 Euro anfallen, teilte Nicole Scherbaum vom Technischen Bauamt mit, das mehrere Modelle für die Verbandsschule geprüft hatte. In der Nachbargemeinde fiel eine konträre Entscheidung: "Wir haben jetzt Mobile Luftreiniger in der Grundschule eingeführt", berichtete der Zeller Bürgermeister Joachim Kipke in der Sitzung; dort wurden für die acht Klassenzimmer der Zeller Schule insgesamt 16 Geräte für je 1.200 Euro angeschafft. Erfahrungswerte fehlen natürlich noch. Nach Aussage von Scherbaum bräuchte die Margetshöchheimer Schule vom selben Typus vier Geräte pro Zimmer, weil hier die Raumgrößen differieren.
Erhebliche Kosten für Technik, Stromverbrauch und Wartung
In den Gemeinden des Schulverbands habe man sich in den vergangenen Wochen intensiv mit dem Thema beschäftigt, bekräftigte Brohm. Allem voran habe die Frage gestanden, ob solche Geräte sinnvoll wären. Je nach technischer Auslegung hängt die Wirksamkeit der Lüfter von mehreren Faktoren ab, etwa der Luftwechselrate, der vorhandenen Raumgröße oder der Platzierung. Und selbst mit Lüfter gilt in den Klassenzimmern weiterhin: Maske, Abstand und Lüften. "Der nächste AHA-Effekt: die Geräte müssen rund um die Uhr laufen", sagte Brohm. Im Hinblick auf das alte Stromnetz der Schule bestünde die Gefahr einer Überhitzung; die vielen Geräte müssten deshalb täglich kontrolliert werden, auch am Wochenende oder in den Ferien. Der Aufwand und die Kosten für Technik, Wartung und Stromverbrauch bei rund 100 Luftreinigern wären erheblich. Zudem müssten die Filter auch regelmäßig ersetzt oder gereinigt werden, gab Verbandsmitglied Wolfgang Kuhl aus Erlabrunn zu bedenken. Probleme könnte außerdem die bevorstehende Generalsanierung der Schule bereiten: könnten die vielen Luftreiniger überhaupt betrieben werden, wenn das Stromnetz gekappt und auf Baustrom umgestellt wird? Und wäre der gesetzliche Brandschutz dann noch gegeben?
Entscheidend waren die "Nebenwirkungen" der Geräte und ihr nicht belegter Nutzen
All diese Fragen spielten in die Entscheidung hinein, waren für den Beschluss gegen die Lüfter aber nicht ausschlaggebend. Entscheidend war für das Gremium der zweifelhafte Nutzen. Zum einen haben die Geräte "Nebenwirkungen": je nach Modell kann im Umfeld des Geräts mehr oder weniger starke Zugluft entstehen. Für die Schüler, die daneben sitzen müssen, wäre das unangenehm und auch unter gesundheitlichen Aspekten fragwürdig. Zum anderen verursachen die Geräte im Betrieb einen permanenten Geräuschpegel - abhängig vom Modell bis über 50 dB. Das entspricht etwa dem normalem Hintergrundschall in der Stadt. Lokale Radiosender hatten kürzlich bereits über Beschwerden von Eltern über die Luftreiniger in Klassenräumen wegen des Lärms berichtet. Damit Lernen möglich bleibt, müssen die Geräte unter 35 dB emittieren. Das bedeutet, dass die Luftreiniger nicht auf Volllast laufen können und folglich mehr Geräte aufgestellt werden müssen, um die geforderte Luftwechselrate zu erreichen. Und schlussendlich ist ihr Nutzen derzeit nicht hinreichend belegt. Scherbaum führte in der Sitzung aus, dass ein wissenschaftlicher Feldversuch ergeben habe, dass drei Minuten Stoßlüften per Fenster denselben Effekt habe wie wenn vier Mobile Luftreinigungsgeräte über 30 Minuten unter Volllast laufen. Das regelmäßige Lüften bliebe den Schülern auch trotz Luftreinigern nicht erspart, weil nur so der CO2-Austausch gewährleistet wird. Diesbezüglich hatte die Schule bereits im letzten Herbst sogenannte CO2-Ampeln angeschafft, die anzeigen, wann die Raumluft verbraucht und frische Luft nötig ist. Um die Aerosolkonzentration möglichst niedrig zu halten, wird jetzt den Empfehlungen des Umweltbundesamtes entsprechend in den Klassenzimmern alle 10 Minuten für 2,5 Minuten quergelüftet. Glücklicherweise haben die Klassenräume in Trakt A und B gegenüberliegende Fensterfronten. In Trakt C ist derzeit keine solche Durchlüftung möglich, dazu müsste nach Aussage von Konrektor Klaus-Jürgen Winkler der Öffnungswinkel der Fenster vergrößert werden - darum will sich der Schulverband jetzt zeitnah kümmern. "Wir haben ja schon einen Corona-Winter hinter uns, das Lüften war gut händelbar", sagte Winkler in der Sitzung. Der Erlabrunner Bürgermeister Thomas Benkert erklärte, dass man es für die dortige Schule genauso handhabe und auf Lüfter verzichte. Sollten sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse ändern, sei man im Schulverband jederzeit bereit, erneut über Mobile Luftreinigungsgeräte zu diskutieren, teilt der Schulverbandsvorsitzende Brohm auf Nachfrage mit. Im Anschluß an die Schulverbandssitzung wurde der Elternbeirat informiert. Auch die Eltern hätten Verständnis für die Gründe der Entscheidung gegen die Luftreiniger gehabt, so Brohm. Im Zuge der Generalsanierung der Grund- und Mittelschule ab 2022 wird zudem eine Zentrale Lüftungsanlage installiert.