Wie können Kinder vor sexuellen Übergriffen im Netz geschützt werden? - Nachbericht der Jugendbeauftragten

Ende März veranstalteten die Jugendbeauftragten der Gemeinde einen Info-Abend, wie Kinder und Jugendliche vor sexuellen Übergriffen im Internet und auf Social Media, dem sogenannten Cybergrooming, geschützt werden können. Die Expertin, Oberstaatsanwältin Manuela Teubel, hatte schockierende Fakten, aber auch viele nützliche Tipps für Kinder und Eltern parat.

Rund 28 ZuhörerInnen kamen ins Rathaus zum Vortrag "Cybergrooming und Social Media - Gefahren und Risiken für Kinder und Jugendliche", den die beiden Jugendbeauftragten der Gemeinde Margetshöchheim, Lukas Götz (CSU) und Stephanie Röll (MM), organisiert haben. Den Vortrag hielt Manuela Teubel - sie ist eine ausgewiesene Expertin zum Vortragsthema.

Teubel wurde im Februar 2023 zur Vorsitzenden Richterin am Landgericht Bamberg ernannt. Davor war sie als Oberstaatsanwältin maßgeblich am Aufbau der Zentralstelle Cybercrime Bayern und vor allem des Zentrums zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet beteiligt. In ihrer Zeit bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern hat sie hauptsächlich Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Zusammenhang mit dem Besitz und der Verbreitung von Kinderpornografie verfolgt. Sie vertrat unter anderem die Anklage im sogenannten Logopäden-Prozeß, der 2020 in Würzburg auf großes mediales Interesse stieß.

In ihrem Vortrag behandelte die Expertin vorrangig das Thema Cybergrooming. Damit wird die gezielte Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen über das Internet bezeichnet. Die meist männlichen Täter geben sich in Chats oder Online-Communitys gegenüber Kindern oder Jugendlichen häufig als gleichaltrig aus, um so zunächst das Vertrauen der arglosen Minderjährigen zu gewinnen und sie im weiteren Verlauf zu manipulieren (z.B. Nacktfotos fordern). Bei Kindern unter 14 Jahren ist dies strafbar. Die polizeiliche Kriminalstatistik registrierte 2021 deutschlandweit 3.539 Fälle betroffener Kinder bis 13 Jahre; laut der Referentin ist jedoch von einer erheblichen Dunkelziffer auszugehen.

Sobald Kinder ein Smartphone (oder Tablet, etc.) und damit Zugang zum Internet haben, können sie mit Cybergrooming konfrontiert werden. Kinder bis 10 Jahre sind mit solchen Annäherungsversuchen überfordert und wehren sich selten, erklärte Teubel. Einfallstore für potentielle Straftäter sind vor Allem offen zugängliche Personendaten der Kinder, aber auch ein fehlendes Problembewusstsein bei den Kindern und den Eltern bzw. Erziehungsberechtigten.

Der Erwerb und der Besitz von kinderpornographischen Inhalten kann laut § 184b StGB mit bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden. Der Justizminister plant derzeit eine Reform dieses Gesetzes, aktuell spielt es für einen Straftatbestand allerdings keine Rolle, ob jemand kinderpornographische Inhalte gezielt zur Befriedigung seiner perversen Triebe besitzt, oder diese unfreiwillig erhalten hat. Der Straftatbestand trifft bereits beim Besitz eines einzigen Bildes zu, und auch wenn man dieses unbeabsichtigt über einen Chat erhalten hat. Strafbar ist auch das Weiterleiten von entsprechenden Fotos vom Handy des Kindes auf das eigene Handy, z. B. um es bei der Polizei zu zeigen. Erschreckend ist, dass beim Besitz kinderpornographischer Inhalte der Anteil von Kindern und Jugendlichen unter den Tätern rasant gestiegen ist. In erster Linie sind die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten in der Verantwortung, doch diese setzen sich laut Manuela Teubel viel zu selten mit den Gefahren der digitalen Welt auseinander.

Wichtig ist, dass Eltern den Weg mit ihren Kindern gemeinsam beschreiten, sich mit den Programmen beschäftigen und mit den Kindern Präventivmaßnahmen besprechen wie z. B.:

- die Webcam ausschalten
- Standortdaten nur mit Freunden und Familie teilen
- Handyeinstellungen überprüfen. Hierbei sollte das Profil des Kindes auf „Privat“ gesetzt oder Sichtbarkeitseinschränkungen vorgenommen werden
- wenig verratende Nicknames nutzen
- Missbrauchsdarstellungen an den Netzwerkbetreiber, die Internetbeschwerdestelle oder der Polizei melden
- die Verbreitung / Weiterleitung von Missbrauchsdarstellungen ist ein Verbrechen - das sollten Kinder, Jugendliche und Erwachsene wissen!

Das Fazit der Expertin: Eltern sollten unbedingt mit Kindern und Jugendlichen über das Thema sprechen und sie dafür sensibilisieren, sie unterstützen und im Falle eines Falles solche Straftaten zur Anzeige bringen. Dazu sollte man Chatverläufe per Screenshot dokumentieren (ohne Fotos - da strafbar!), Hinweise notieren und am besten direkt Kontakt zur nächsten Polizeidienststelle aufnehmen.

Teubel wird den Vortrag zeitnah auch in der Margetshöchheimer Schule halten, um LehrerInnen und Eltern für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren.

Im Internet gibt es für Kinder als auch für Eltern zahlreiche Webseiten mit wichtigen Informationen und Hilfestellungen zum Thema, beispielsweise unter:

www.soundswrong.de
www.machdeinhandynichtzurwaffe.de
www.medienanstalt-nrw.de/fileadmin/user_upload/NeueWebsite_0120/Medienorientierung/Cybergrooming/LFM_NRW_Cybergrooming-2021.mp4
www.medien-kindersicher.de
www.klicksafe.de
www.polizeifürdich.de
www.polizei-beratung.de