Ästhetik oder Autarkie: Weiter kontroverse Debatten um Solaranlagen im Altort

Seit klar ist, dass wir aus der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern auch aus politischen Gründen rausmüssen, hat die Diskussion um Solaranlagen im Altort weiter Fahrt aufgenommen. Jüngst debattierte der Bauausschuss im Spannungsfeld zwischen Energiewende und Ästhetik über eine Änderung der Gestaltungssatzung. Könnte eine Bürgersolaranlage die Lösung sein? In der nächsten Gemeinderatssitzung soll final entschieden werden.

Es gibt wenige Orte im Landkreis, die einen so schmucken Altort haben wie Margetshöchheim. Das ist vor Allem der strengen Gestaltungssatzung der Gemeinde zu verdanken, die zum Erhalt alter Bausubstanz verpflichtet und Sanierungen größzügig fördert. Die Satzung regelt zahlreiche gestalterische Aspekte, deshalb dürfen im Sanierungsgebiet Photovoltaik- und Solarthermieanlagen - im Folgenden der Einfachheit halber "Solaranlagen" genannt - nicht oder nur unter strengen Voraussetzungen auf die Dächer (siehe auch S. 12 der Gestaltungssatzung: https://www.margetshoechheim.de/images/stories/aktuelles/Gestaltungssatzung-Margetshoechheim_web.pdf). Eine Folge ist, dass der Bauausschuss immer wieder über Anträge auf Ausnahme-Genehmigungen befinden muss. Die Gemeinde will jetzt eine grundsätzlichere Entscheidung über die Nutzung von Solarenergie im Altort fällen; nach den jüngsten Vorberatungen im Bauausschuss soll der Gemeinderat am 21. Juni die finalen Beschlüsse treffen. "Es gibt eine Menge Leute, die auf unsere Entscheidung warten" meinte Bürgermeister Waldemar Brohm (CSU) im Ausschuss. Schon in der kleinen Runde liefen die Debatten kontrovers. Die Diskussionen über Solaranlagen im Altort begannen bereits im vergangenen Jahr im Gemeinderat, dieser wünschte sich zur Orientierung aber noch weitere Stellungnahmen von der Regierung von Unterfranken, dem Landesamt für Denkmalpflege und dem Sanierungsberater. Diese lagen nun vor. Vom Freistaat war außerdem eine generelle Richtungsentscheidung zum Thema Solarenergie erwartet worden, diese gibt es derzeit aber noch nicht. In den Stellungnahmen kristallisierten sich aus Sicht der Verwaltung folgende zentrale Punkte heraus: Solaranlagen nur zum Eigenbedarf, nicht auf Einzeldenkmälern, eine gleichmäßige rechteckige Anordnung, Abstand zum straßenseitigen Ortgang mindestens 5 Meter, schwarze Module ohne Umrandung, eine Mindestgröße von 8 qm, Nicht-Einsehbarkeit vom öffentlichen Straßenraum. Dabei bezieht sich der "öffentliche Straßenraum" jetzt nur noch auf die Straße, dem das Gebäude zugeordnet ist. Letztlich stimmte der Bauausschuss diesen Empfehlungen zu, dadurch wären die Voraussetzungen für eine Solaranlage im Altort klarer definiert als bisher. Wie der Gemeinderat mit diesen Empfehlungen umgeht, bleibt abzuwarten. Einerseits wolle und müsse man die Energiewende herbeiführen, andererseits "Frevel" an der reizvollen Optik des Altorts verhindern, meinte der Bürgermeister. Gemeinderätin Ottilie Jungbauer (CSU) widersprach, nach den historischen Entwicklungen bei den Baustoffen sei Photovoltaik doch "die Zukunft". "Warum versperren wir uns?", fragte sie. Gemeinderat Gerhard von Hinten (MM) plädierte derweil dafür, Solaranlagen im Altort zu vermeiden und den betroffenen BürgerInnen stattdessen die privilegierte Teilhabe an einer Bürgersolaranlage zu ermöglichen.

Bekommt Margetshöchheim eine Bürgersolaranlage? Oder einen Solarpark?

Im Vergleich zum Rest der Republik ist Bayern mit seiner überdurchschnittlich hohen Sonneneinstrahlung "Sonnenland Nr. 1" (Hubert Aiwanger). Bevor die Generalsanierung der Schule losging, hatte die Tauber Solar Gruppe eine Photovoltaikanlage auf dem Schuldach betrieben, diese jedoch wegen der Sanierungsarbeiten vorzeitig gekündigt und abgebaut. Nach aktuellen Plänen soll nach der Sanierung eine Bürgersolaranlage auf dem Dach der Schule errichtet werden, berichtet Bürgermeister Brohm auf Nachfrage. "Es ist noch nicht klar, wer nachher die Anlage betreiben könnte - ob die Gemeinde oder der Schulverband." Darüber hinaus gebe es außerdem potenzielle Investoren für eine Freiflächenanlage ("Solarpark") auf der Gemarkung. "Wir haben momentan drei Anbieter und demnächst wahrscheinlich noch einen vierten", so Brohm. Allerdings sei ein Teil des fraglichen Standorts als Vorranggebiet bzw. Vorhaltegebiet für Windkraftanlagen vorgesehen. Solche Flächen werden in der Regionalplanung festgelegt und dürfen nicht bzw. nur unter bestimmten Voraussetzungen anderweitig bebaut werden. Zumal nach der neuen Gesetzeslage bundesweit 2% der Landfläche als Windkraftstandorte ausgewiesen werden sollen. Ob in Margetshöchheim eine Solar-Freiflächenanlage errichtet werden kann, ist derzeit also noch unklar.

Vor wenigen Wochen hat die EU-Kommission in ihrer "EU-Strategie für Solarenergie" beschlossen, die Erzeugung erneuerbarer Energien als "von überragendem öffentlichem Interesse" einzustufen. Die Erzeugung von Solarenergie soll sich in Europa bis 2030 mindestens verdreifachen. Es ist zu erwarten, dass noch in diesem Jahr entsprechende Gesetze auf den Weg gebracht werden. Die Mitteilung der EU-Kommission finden Sie hier: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1653034500503&uri=COM%3A2022%3A221%3AFIN