Mainlände: Die Gemeinde möchte Pappeln im ersten Bauabschnitt noch in diesem Jahr nachpflanzen

Im Februar mussten die Kronen der altersschwachen Pappeln im ersten Bauabschnitt der Mainlände massiv eingekürzt werden. Wenn es nach der Gemeinde geht, sollen noch in diesem Jahr mehrere Bäume entnommen und junge Pappeln nachgepflanzt werden, um Synergieeffekte während der Umbaumaßnahmen zu nutzen. Ob das klappt, ist noch unklar.

An der Mainlände zwischen dem neuen Steg und dem Steinernen Weg (Bauabschnitt I) machten die rund 80 Jahre alten Pappeln große Probleme; nach mehreren gefährlichen Astbrüchen wurden 14 der 15 Bäume im Februar massiv eingekürzt, um die Vekehrssicherheit wiederherzustellen (wir berichteten). Der Allgemeinzustand der Bäume hatte sich vermutlich durch die veränderten klimatischen Bedingungen schneller verschlechtert als erwartet. Etliche Pappeln haben nach dem Schnitt zwar wieder ausgetrieben, doch die charakteristische Silhouette am Mainufer lässt sich dadurch nicht zurückgewinnen. Die Gemeinde möchte deshalb noch in diesem Jahr Restbäume entnehmen und mehrjährige Pappeln am Ufer nachpflanzen. Kürzlich machte sich der Umweltausschuss zusammen mit der Vorsitzenden des Margetshöchheimer Bund Naturschutz, Brigitte Muth von Hinten, sowie Fachmann Jürgen Schneemann von der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde (UNB) ein Bild vor Ort.

Der Gemeinderat äußerte bereits im Februar über alle Fraktionen hinweg den ausdrücklichen Wunsch, dass die Pappelreihe am Mainufer als charakteristische Silhouette Margetshöchheims erhalten bleiben soll. Zunächst war angedacht, in die Lücken zwischen den alten Pappeln einfach neue Bäume zu pflanzen, doch das ist aus Platzgründen nicht möglich. Nun wird darüber diskutiert, einzelne Restbäume zu entnehmen und mehrjährige junge Pappeln einzusetzen - konkret sollen in dem nördlichen Abschnitt vom Steinernen Weg bis zum verrohrten Bachlauf 9 junge Pappeln eingepflanzt werden, die jeweils rund 6-7 Meter hoch sind und pro Stück 2.000-3.000 Euro kosten. "Insgesamt diskutieren wir hier über rund 50.000 Euro", meinte Bürgermeister Waldemar Brohm. Im nächsten Jahr könnten dann 6 weitere Jungbäume im südlichen Abschnitt folgen. Da Pappeln sehr schnell wachsen, wäre die Baumreihe innerhalb weniger Jahre wiederhergestellt. Weil jetzt im August die Umbaumaßnahmen der Mainlände im ersten Bauabschnitt starten, könnten laut Bürgermeister Synergieeffekte genutzt werden, "weil die Baufirma und das Gerät ohnehin da sind". Die alten Restbäume ohne große Maschinen vom Mainufer zu holen, sei unmöglich, sagt die Baumsachverständige der Gemeinde, Nadja Lebrunet, auf Nachfrage. "Und wenn die Mainlände frisch umgebaut ist, geht es natürlich auch nicht mehr", ergänzt sie. Für den Umbau des ersten Bauabschnitts sind 4 Monate veranschlagt; da es jetzt losgehen soll, drängt die Entscheidung.

Dass es eine schwierige Entscheidung wird "im Spannungsfeld zwischen der ortsbildprägenden Silhouette, der Aufenthaltsqualität und dem Naturschutz", wie es Brohm bei der Begehung formulierte, sah Fachmann Jürgen Schneemann von der UNB ähnlich. Er berichtete von seinem Eindruck, dass die Pappelreihe ein "Teil der Identität" von Margetshöchheim sei; Schneemann begrüßte den gemeinsamen Ortstermin, weil "der übliche technokratische Weg" der Sache nicht gerecht werde. Da artenschutzrechtliche Belange tangiert werden, stehe man vor einem schwierigen Abwägungsprozess. Das Ziel sei, zu einem "gemeinsamen Konsens zu kommen und diesen gemeinsam mitzutragen", so Schneemann.

"Naturschutzfachlich und rechtlich wäre es die richtige Lösung, dass man die Bäume so stehen lässt, bis sie zusammenfallen", erläuterte der Fachmann von der UNB. Denn vertikales Totholz sei äußerst wertvoll. Zudem stellte Schneemann klar, dass die Höhlen entscheidend seien, weil es für Höhlenbrüter wie Fledermäuse durch die Flurbereinigung, die Übernutzung der Wälder und andere Gegebenheiten kaum noch natürliche Baumhöhlen gebe. "Wenn eine Höhle da ist, egal ob in einem Apfelbaum, einer Pappel oder einer Eiche, dann wird sie von Höhlenbrütern angenommen", erklärte er. Dass durch die fehlenden Baumkronen bei den stark beschnittenen Pappeln Nistplätze für Vögel wegfallen, sei indessen unkritisch, weil Heckenbrüter genügend Ausweichlebensräume fänden, sagte der Biologe. Wenn die Gemeinde die Baumtorsos aus ästhetischen Gründen entfernen wolle, müssten die Stammabschnitte mit Höhlen gesichert werden und das Totholz der Natur überlassen werden.

Mit den Baumkronen fielen rund 30 Habitate weg, es müssen Ausgleichsmaßnahmen um den Faktor 3 durchgeführt werden, das heißt insgesamt sind rund 90 Habitate neu zu schaffen. Geeignete Strukturen befinden sich auf gemeindeeigenen Flächen rund um den Grillplatz und in dem kleinen Wäldchen am Mainufer. "Wir führen alle Ausgleichsmaßnahmen auf Gemeindegrund durch", erklärte Lebrunet bereits im Frühjahr; dadurch kann die Verwaltung verhindern, bei Handlungsdruck von einem langwierigen Papierkrieg mit der Wasserwirtschaft ausgebremst zu werden. Zum Ausgleich der Schnittmaßnahmen an den Pappeln müssen nach Vorgaben der UNB 60 Fledermauskästen sowie 40 Stammstücke in dem räumlich nahen Gebiet aufgehängt werden. Dafür werden Nisthöhlen-haltige Stammstücke von den beschnittenen Pappeln aufgehoben und "umgesiedelt"; sie werden in mindestens drei Metern Höhe mit Seilen in geeignete Bäume gehängt, erklärte Lebrunet. Für die Fledermauskästen ist wiederum die Gemeinde zuständig.

Brigitte Muth von Hinten vom Bund Naturschutz hakte kritisch nach, warum statt der vorgegebenen Anzahl nach ihrer Einschätzung bisher nur etwa 40 Habitate neu geschaffen wurden. Brohm erklärte, dass die Nistkästen bestellt seien, man sie derzeit aber nicht beikriege. Schneemann von der UNB bestätigte, dass die Behörde informiert wurde und öfter von Lieferschwierigkeiten bei den Nistkästen hört. Die UNB bleibe aber am Ball, dass die Vorgaben eingehalten werden. Sollten die Restbäume am Mainufer tatsächlich durch nachgepflanzte Jungpappeln ersetzt werden dürfen, müssten die dort wegfallenden Habitate ebenfalls in räumlichem Zusammenhang ausgeglichen werden. Die jungen Pappeln wären dafür zu klein. Nach Aussage von Bürgermeister Brohm möchte die Gemeinde die Baumtorsos entnehmen, an den Stellen neue Pappeln nachpflanzen und die Habitate liegend am Mainufer belassen bzw. aufstellen. Ziel sei, Lösungsansätze zu entwickeln, wie die Pappeln ausgetauscht und Habitatstrukturen "in etwas reduziertem Umfang" erhalten werden können. Jürgen Schneemann erklärte, dass derzeit die Koordinaten fehlten, wo Kästen aufgehängt werden; dies solle künftig "genau dokumentiert" werden. Ob es am Ende so klappt, wie sich die Gemeinde das vorstellt, ist allerdings noch völlig offen. "Es ist rechtlich verboten, diese Tiere zu schädigen", stellte Schneemann von der UNB klar. "In der Waagschale liegt das Verbot des Gesetzgebers und wir als Exekutive müssen nun abwägen." Die abschließende Entscheidung wird nach der juristischen Prüfung in der Verwaltung der UNB gefällt. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Wie soll es mit den alten Pappeln weitergehen? Der Umweltausschuss beim Ortstermin an der Mainlände; eingeladen waren auch Brigitte Muth von Hinten vom Bund Naturschutz (links) und Jürgen Schneemann von der unteren Naturschutzbehörde (Mitte). (Foto: Tina Göpfert)
So sah der "Baumfriedhof" nach den Schnittmaßnahmen im Februar diesen Jahres aus. (Foto: Tina Göpfert)
Die Gemeinde wünscht sich, dass am Mainufer wieder so eine charakteristische Silhouette entsteht wie "damals". (Foto: Tina Göpfert)
Stammstücke mit natürlichen Nisthöhlen können - wie hier in Zellingen - an andere Bäume angebunden werden und so für einen Erhalt der Habitate sorgen. (Foto: Tina Göpfert)