„Politik braucht Idealismus, Tatkraft und Pragmatismus“ – Interview mit dem Margetshöchheimer Landtagsabgeordneten Björn Jungbauer

Bei der Landtagswahl im Oktober holte Margetshöchheims CSU-Kandidat Björn Jungbauer mit satter Mehrheit das Direktmandat in den bayerischen Landtag. Kurz nach der Wahl begann seine Arbeit im Parlament. Wie es ihm dort ergeht und was er politisch bewirken möchte, erzählt der vielseitig engagierte Margetshöchheimer im Interview.

Björn Jungbauer wurde 1981 in Würzburg geboren und lebt seit 1983 mit seiner Familie in Margetshöchheim. Nach seinem Fachabitur absolvierte er eine Ausbildung bei der Polizei, sattelte bis 2013 ein Studium für den gehobenen Dienst (3. Qualifikationsebene) obendrauf und arbeitete bis 2014 als stellvertretender Dienstgruppenleiter bei der Polizeiinspektion Würzburg-Land. Ab Mai 2014 war Jungbauer hauptamtlich als Erster Bürgermeister von Kirchheim tätig. Bei der Wahl im Oktober gewann Jungbauer mit 42,4 % der Stimmen das Direktmandat für die CSU und sitzt seither im bayerischen Landtag.

Blog: Herr Jungbauer, Sie sind gerade mal 42 Jahre jung und haben bereits eine steile politische Karriere hingelegt. Wie kam’s?

Jungbauer: Da bin ich eindeutig mütterlich geprägt. Meine Mutter (Ottilie Jungbauer; Anm. d. Red.) ist seit 1996 im hiesigen Gemeinderat aktiv und ein Vorbild für mich. Ich engagiere mich seit meiner Jugend in der Jungen Union, wurde dort im März 2013 Ortsvorsitzender, dann Kreisvorsitzer und schlussendlich 2013 zum Bezirksvorsitzenden gewählt. 2008 kandidierte ich für den Margetshöchheimer Gemeinderat und den Kreistag, wurde schlussendlich in beide Gremien gewählt; die Wahlkampagne habe ich zusammen mit Waldemar Brohm geführt, der damals zum Bürgermeister gewählt wurde. Wir hatten 2008 eine sehr intensive Wahlkampagne. Von Herrn Brohm konnte ich viel lernen, sowohl als Gemeinderat und später als Bürgermeister. Im Kreistag war er von Beginn an einer meiner engsten Kollegen in der Fraktion.

Blog: Im Jahr 2014 wurden Sie als Margetshöchheimer zum Bürgermeister von Kirchheim gewählt. Wie kam es dazu?

Jungbauer: Die CSU Kirchheim hatte damals keinen Bürgermeisterkandidaten, deshalb hat der Ortsverband 2013 die Kandidatur öffentlich ausgeschrieben. Dabei hatte der Ortsverband keinen aus deren Sicht geeigneten Bewerber gefunden. Hierauf wurde ich im späten Frühjahr 2013 vom stellvertretenden Vorsitzenden angesprochen, ob ich mir nicht eine Kandidatur vorstellen könnte. Zum damaligen Zeitpunkt war ich gerade noch mitten im Studium bei der Polizei und hatte hier den Fokus auf meinen Dienstweg nach diesem.  Nachdem mir die Kommunalpolitik immer sehr viel Spaß machte, habe ich schon zum damaligen Zeitpunkt für mich persönlich auf meinem Lebensweg einen Wechsel in die Politik nicht ausgeschlossen. Ich befasste mich daher sehr intensiv mit der Anfrage. Im Juli 2013 habe ich dann beschlossen, für Kirchheim zu kandidieren und gewann die Stichwahl. Ab Mai 2014 war ich hauptamtlicher Bürgermeister von Kirchheim, dazu weiterhin im Kreistag. Ich war seitdem eine Art Exot, denn es gab damals im ganzen Landkreis nur zwei weitere Bürgermeister, die nicht in dem Ort wohnen, dem sie vorstehen.

Blog: Im Oktober dieses Jahres holten Sie mit großer Mehrheit das Direktmandat für die CSU im Stimmkreis Würzburg. Kehren Sie der Gemeinde Kirchheim mit einem lachenden oder weinenden Auge den Rücken?

Jungbauer: Es ist schon Wehmut mit dabei und es war ein emotionaler Abschied in der letzten Gemeinderatssitzung. Ich war über neun Jahre Bürgermeister in Gaubüttelbrunn und Kirchheim, da ist eine große Verbundenheit da. Im Moment fühlt sich der Abschied aus der Gemeinde noch ein bisschen wie Urlaub an. Ich bin nach wie vor in dem einen oder anderen Projekt involviert und bleibe bis zur Neuwahl am 14. Januar im Hintergrund zur Unterstützung des Zweiten Bürgermeisters eingespannt. Wir sind im Austausch und wollen gemeinsame Projekte weiterführen, zum Beispiel die KiTa-Sanierung, die Schwimmbad-Sanierung oder eine 75 Hektar große PV-Anlage. Diese Dinge möchte ich noch begleiten. 

Blog: Wie kam nun der Sprung vom Bürgermeister zum Landtagsabgeordneten? Hat sie in Kirchheim der Ehrgeiz gepackt?

Jungbauer: Ab 2014 war ich Fraktionsgeschäftsführer im Kreistag; das ist eine Position, wo man Vertrauen gewinnen und seine Talente zeigen und wo man sich bewähren kann. Anstreben kann man eine politische Karriere nicht, man muss zur rechten Zeit am rechten Ort sein. Man muss Vertrauen gewinnen und Raum haben, um kandidieren zu können. Es ist schön, wenn Chancen auftauchen, aber ich bin keiner, der versucht, Gelegenheiten zu schaffen. Für mich kam die Weichenstellung im Jahr 2020, als ich zum Vorsitzenden der CSU-Kreistagsfraktion gewählt wurde. Damit konnte ich meinen Vorgänger Manfred Ländner auf dieser Position beerben. Er hat mich frühzeitig und tatkräftig unterstützt, auch Landrat Thomas Eberth und Waldemar Brohm. Im Oktober ist Manfred (Ländner; Anm. d. Red.) aus dem Landtag ausgeschieden, auch da folge ich ihm nach.

Blog: Seit Oktober arbeiten Sie nun als Landtagsabgeordneter im bayerischen Parlament. Wie anders ist die Arbeit im Vergleich zum kommunalen Terrain? Wird man abgehobener?

Jungbauer: Im Landtag agiert man auf einer ganz anderen Ebene. Bisher war ich es gewohnt, aus meinem Nahfeld unmittelbar Feedback zu kriegen. Im Landtag funktioniert das nicht mehr so direkt, sondern es geht darum, einen Rahmen zu stecken. Im Parlament definiert man sozusagen die Leitplanken; das Direkte wird dann von anderen vor Ort gestaltet. Ich würde zum jetzigen Tag nicht sagen, dass die Politik auf Landesebene abgehobener ist. Aber die Themen sind übergeordneter Natur und die Prozesse laufen anders. Was meine Erfahrung jedoch zeigt, ist, dass auf dem Weg vom Beschluss im Parlament bis zur Umsetzung vor Ort Dinge passieren können, welche so nicht beabsichtigt waren. Auch deshalb ist es mir ganz wichtig, den engen Kontakt zur Basis zu halten und die direkte Rückkopplung zu bewahren. Meine ehrenamtlichen Aufgaben werde ich weiter fortführen, das sehe ich auch als Teil meiner „Erdung“ an. Es ist keine Frage, dass ich als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Margetshöchheim und aktiver First-Responder auch beispielsweise weiterhin nachts aufstehe, wenn die Sirene oder der Feuerwehrpiepser geht und Menschen Hilfe brauchen.

Björn Jungbauer will weiterhin engen Kontakt zur Basis in Margetshöchheim und seinem Stimmkreis Würzburg-Land halten. (Foto: Tina Göpfert)

 

Blog: Funktioniert es denn, die Anliegen der BürgerInnen direkt ins Parlament zu tragen?

Jungbauer: Ja, das geht. Zum Beispiel habe ich bei einer Sitzung unserer CSU-Fraktion im Landtag das Thema Geflüchtete ganz proaktiv eingebracht. Der Landkreis Würzburg bekommt aktuell jede Woche 50 Menschen als Konsequenz des Handelns der Bundesregierung neu zugewiesen, die unterzubringen sind. Ich habe große Sorge, was das mit der Stimmung in der Bevölkerung macht und unserer Demokratie. Mein Eindruck ist, dass viele Bürgerinnen und Bürger eine Überforderung fühlen und sich die Stimmung seit 2015 gewandelt hat. Ich finde es immanent wichtig, dass man Themen, die vor Ort akut anliegen, beispielsweise auch direkt mit dem zuständigen Minister oder sogar Ministerpräsidenten innerhalb der Fraktion diskutieren kann. Direkte Wege können hilfreich sein. Durch meine Zeit in der Jungen Union kenne ich bereits jetzt viele Kolleginnen und Kollegen im Parlament persönlich. Ich sehe es als meine maßgebliche Aufgabe als Abgeordneter an, Themen von unten nach oben mitzunehmen, damit eben die Rückkopplung von der Basis auch funktioniert.

Blog: Wie sieht Ihre Arbeit im bayerischen Landtag konkret aus?

Jungbauer: Im Landtag ist noch vieles neu für mich, auch viele Abläufe. Momentan ist es eher noch ein „Eintauchen“. Aber ich denke, dass ich im ersten Quartal 2024 ganz im Parlament angekommen sein werde. Ich habe jetzt einige Male am Plenum teilgenommen und konnte inzwischen das Abgeordnetenbüro in der Steinachstraße in der Zellerau und die Mitarbeiterinnen von Manfred Ländner übernehmen. Ebenso habe ich für die Zeit in München ein als Büro und Wohnung kombiniertes Einzimmerappartement in Laufweite vom Landtag bezogen. Die Ausschüsse haben sich mittlerweile konstituiert. Ich bin im Ausschuss für Bildung und Kultus sowie im Ausschuss für Beschwerden und Eingaben (Petitionsausschuss). Es mag überraschen, dass ich aufgrund meiner Vita nicht im Innenausschuss arbeite. Als Vater von drei Kindern und als langjähriger Vorsitzender eines Grundschulverbands ist mir das Thema Bildung wichtig. Weiter habe ich viele Lehrerinnen und Lehrer im privaten Umfeld, damit denke ich, bin ich nah an dem Geschehen dran. Weiter muss man festhalten, dass die CSU bei dem Thema in den letzten Jahren nicht ganz so stark aufgestellt war, wie es vielleicht hätte sein können. Am Petitionsausschuss reizt mich, dass man Bürgerinnen und Bürgern aktiv helfen kann. Die Menschen können ihre Petitionen oder Beschwerden direkt im Parlament eingeben. So kommen pro Wahlperiode rund 10.000 Petitionen zusammen, etwa ein Drittel davon landet dann im Ausschuss für Beschwerden und Eingaben. Der Ausschuss überprüft im Rahmen seines Kontrollrechts über die Staatsregierung die beanstandeten behördlichen Entscheidungen. Ziel ist es, Lösungen für die Probleme der Hilfesuchenden im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten außerhalb der formellen Rechtswege zu finden. Allerdings liegt nur ein Teil meiner Arbeit in München, der größere Teil liegt in meinem Wahlkreis, dem Landkreis Würzburg. Mein Ziel ist, auch in den Sitzungswochen (32 im Jahr; Anm. d. Red.) jeweils zwei Tage im Wahlkreisbüro zu sein. Wenn ich in München bin, habe ich z.B. in den Ausschüssen zu tun, abends finden oft Informationsveranstaltungen statt. Meine neue Aufgabe fordert schon deutlich mehr als eine 40-Stunden-Woche und ist kein regulärer Nine-to-five-Job.

Blog: Viele BürgerInnen sind enttäuscht von der Politik und „denen da oben“ in der Regierung, weil sie den Eindruck haben, dass Gelder verschleudert und Probleme nicht richtig angepackt werden. Was wollen Sie der Politikverdrossenheit als neuer Abgeordneter entgegensetzen?

Jungbauer: Die größte Problematik in der Politik in meinen Augen ist, dass oft keine Entscheidungen getroffen werden oder dies sehr lange dauert. Ich bin es als Feuerwehrmann, ehemaliger Polizeibeamter und Bürgermeister gewohnt, Entscheidungen schnell zu treffen. Es braucht Entscheidungskompetenz und -Willen und die Bereitschaft, dass Fehler passieren können. Wir müssen die Verwaltung wieder mehr dazu bringen, Entscheidungen zu treffen und diese dabei unterstützen. Als Gesellschaft müssen wir uns auch wieder zutrauen, dass auch mal Dinge passieren können, die vielleicht nicht richtig waren. Mein Eindruck ist: Wir sind wohlstandsschwanger, aber wir haben die Lage vielleicht nicht richtig im Blick. Beispiel Planungsprozesse: wir brauchen 6 Jahre, um eine KiTa zu bauen, aber das ist doch kein Atomkraftwerk! Wir verkünsteln uns auf vielen Ebenen. Politik muss den regulativen Rahmen vorgeben, aber wir können es uns nicht mehr leisten, Planungsprozesse über Jahre zu verzögern.

Blog: Wie könnte es Ihrer Meinung nach besser gehen?

Jungbauer: Politik braucht Idealismus, Pragmatismus und Tatkraft. Auch im Plenum geht es manchmal kleinklein zu und man muss eine Güterabwägung machen, aber man muss doch auch mal sagen: Das ist unser Ziel, dem ordnen wir uns unter. Ich starte mit einer Menge Idealismus und der Erfahrung in den Landtag, dass sich mit Idealen die Dinge auch schnell umsetzen lassen, wenn man die Bürgerinnen und Bürger mitnimmt, es ordentlich macht und dahinter steht. In Kirchheim haben wir es geschafft, innerhalb von 9 Monaten ein Schulgebäude zu bauen – wir können also, wenn wir wollen! Ich bringe mich mit Tatkraft und Pragmatismus ins Parlament ein. Aber auch mit dem Mut zu Fehlern bzw. einer vernünftigen Fehlerkultur. Ich will Probleme und Anregungen mitnehmen und schauen, wo man was lösen kann. Ich hoffe, dass ich mit meiner neuen Aufgabe viel Spaß haben werde und etwas für die Menschen in unserer Region bewegen kann.

Blog: Herr Jungbauer, wir danken für das Gespräch.

Weitere Informationen über den Landtagsabgeordneten und den Kontakt zu Björn Jungbauer finden Sie auf folgender Webseite: https://www.csu-kandidaten.de/bjoern-jungbauer/

sowie auf der Homepage des Bayerischen Landtags unter https://www.bayern.landtag.de/abgeordnete/abgeordnete-von-a-z/profil/bjoern-jungbauer/

Kann auch seriös: CSU-Politiker Björn Jungbauer am Rednerpult im bayerischen Parlament. (Foto: Björn Jungbauer)