Bürgermeister: Vandalismus und Aggressionen in der Gemeinde nehmen zu

Auf der diesjährigen Bürgerversammlung berichtete der Bürgermeister in ungewohnt emotionalen Worten, dass Vandalismus und Aggressionen in der Gemeinde zunähmen. Tätliche Angriffe blieben aus, doch das Klima in der Gesellschaft habe sich verändert. Mitarbeiter aus dem Rathaus bestätigen diesen Eindruck teilweise.

Auf der Bürgerversammlung im November berichtete Bürgermeister Waldemar Brohm, dass Vandalismus und Aggressionen in der Gemeinde zunähmen. In ungewohnt emotionalen Worten äußerte er, wie die Verwaltung zunehmend mit einem rauheren Umgang konfrontiert ist, weil Rücksichtnahme und Anstand im gesellschaftlichen Leben schwinden. "Es gibt keinen Respekt mehr vor gemeindlichem Eigentum", schimpfte Brohm etwa über den häufigen Vandalismus. Der Bürgermeister war sichtlich verärgert und listete Vorfälle der vergangenen Monate vor den Bürgern auf: "Wir hatten Fäkalienmalereien in der WC-Anlage am Parkplatz Ludwigstraße. Die Tischtennisplatte am Grillplatz war innerhalb 4 Wochen besprayt. Die Liege am Grillplatz hatte nach 8 Wochen Brandspuren. Die Tischplatten vom OGV wurden beschädigt. Straßenschilder wurden verbogen. Im Wald wurden 15 nachgepflanzte Bäume mutwillig rausgerissen. Gießkannen auf dem Friedhof werden geklaut. Die Verwaltung entsorgt jeden Monat 1,5 Tonnen illegal deponierten Abfall. Es ist erschreckend." In den Altkleidercontainern in Margetshöchheim werde mittlerweile "alles entsorgt vom Haushaltsmüll bis zum Tapetenrest", sodass Betreiber schon gedroht hätten, im Ort keine Container mehr aufzustellen. Und dass zur Aufstellung des Maibaums oder Christbaums regelmäßig Fahrzeuge abgeschleppt werden müssten, weil Parkverbote missachtet werden, sei leider der Normalfall.

"Kondome, Scherben und Hundescheiße auf den Spielplätzen sind Alltag"

"Kondome, Scherben und Hundescheiße auf den Spielplätzen sind Alltag für uns" beklagte Brohm weiter. Er bemängelte mehrmals, dass Respekt und Wertschätzung gegenüber dem gemeindlichem Eigentum merklich abgenommen hätten. "Wir wollen es für die Bürger schön machen und geben dafür eine Menge Geld aus. Wir müssen aber alle zusammenhalten, dass es schön bleibt", appellierte der Bürgermeister. Der Blog-Redaktion sind ähnliche Aussagen auch aus anderen Gemeinden in der Region bekannt; in einer Kommune wurde sogar schon darüber nachgedacht, wegen des zunehmenden Vandalismus nicht mehr in entbehrliche öffentliche Bauwerke investieren zu wollen.

Einige finden, dass der Umgangston rauher geworden ist

Laut Bürgermeister Brohm habe sich aber nicht nur der Umgang mit den Dingen verändert, sondern auch der mit den Menschen. So schilderte Brohm in der Versammlung etwa, wie er zusammen mit Polizeibeamten auf dem Main-Radweg grundlos von vorbeifahrenden Radlern beschimpft wurde. Ein wahrscheinlich unfreiwilliges Beispiel für den rauheren Umgangston in der Gemeinde lieferte auf der Bürgerversammlung schließlich ein Bürger, der sich in ungehaltenem Ton über die nicht aktualisierte Margetshöchheim-App beschwerte. Haben sich der Umgansgton und das gesellschaftliche Klima in Margetshöchheim tatsächlich verändert? Dieser Frage ist die Blog-Redaktion nachgegangen und hat in allen Abteilungen der Verwaltung im Rathaus nachgefragt. Wir geben die Meinungen hier anonym wieder und zitieren nur als "Person" (die Namen sind der Redaktion natürlich bekannt).

Viele der befragten Personen im Rathaus finden, dass sich der Umgangston im Großen und Ganzen nicht verändert habe. Einige Personen berichten, dass man schon immer "ein paar Motzer" bzw. schwierigere Menschen dabei hatte und damit umgehen müsse. Zahlreiche Personen sagen, dass der überwiegende Teil der Bürger in Margetshöchheim freundlich und höflich sei. Eine Person meint, dass es eben allgemein "keine guten Zeiten" seien und man dies den Leuten manchmal schon auch anmerke. Wichtig sei, selbst höflich, aber bestimmt aufzutreten und Bürger bei unhöflichem Verhalten darauf hinzuweisen. Eine Person sagt, man müsse im Rathaus "halt ein dickes Fell haben". Mehrere Personen beklagen, dass das Anspruchsdenken und die Erwartungshaltung der Bürger gestiegen sei. Einige Personen sagen, dass sich die Stimmung grundsätzlich verändert habe und die Menschen fordernder geworden seien. Eine Person meint, die Leute würden schneller ungehalten und brächten ihren persönlichen Unmut stärker zum Ausdruck. Eine Person findet, dass die Menschen durch die unsicheren Zeiten der letzten Jahre grundsätzlich angespannter seien und leider oft die Gelassenheit fehle. Eine Person berichtet, dass Leute manchmal unverschämt werden würden und jemand sogar aus dem Rathaus komplementiert werden musste. Eine Person meint, dass mittlerweile insgesamt "sehr viel egoistischer" gedacht werde und sich die Menschen rücksichtsloser verhalten, sei es gegenüber anderen Menschen oder fremdem bzw. gemeindlichem Eigentum.

Schlimmere Entgleisungen blieben in Margetshöchheim bisher aus

Tätliche Angriffe oder aggressive Entgleisungen sind gegenüber der Margetshöchheimer Verwaltung bislang glücklicherweise ausgeblieben. Auch die polizeiliche Kriminalstatistik bescheinigt dem "Gartendorf am Main" ein friedliches Zusammenleben. Im Jahr 2022 gab es im Ort insgesamt 48 Straftaten, laut den aktuellsten Zahlen für das Jahr 2023 ist die Anzahl der Straftaten sogar noch weiter gesunken auf 40 Delikte. Damit ist die Kriminalität in Margetshöchheim auf die Zahl der Einwohner umgerechnet besonders gering, das Dorf gehört zu den ungefährlichsten Gemeinden Deutschlands. In der polizeilichen Kriminalstatistik werden sämtliche Straftaten im Ortsgebiet innerhalb eines Jahres erfasst; in den täglichen Polizeiberichten an die Tagespresse werden von der Polizei hingegen nur Delikte veröffentlicht, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zeitnah aufgeklärt werden können. Ein Sprecher der Polizei berichtet auf Nachfrage der Blog-Redaktion, dass für eine Veröffentlichung im täglichen Polizeibericht bestimmte Kriterien erfüllt sein müssen: so muss das Delikt z.B. in einem frequentierten öffentlichen Raum stattgefunden haben, die bisherigen Zeugenaussagen müssen stringent sein und zwischen Delikt und Anzeige darf nicht zu viel Zeit vergangen sein. Den ausführlichen Polizeibericht für 2023 finden Sie in einem älteren Blog-Artikel unter https://www.margetshoechheim-blog.de/politik-gemeinde/gemeinde-gemeinderat/894-sicherheitsbericht-der-polizei-in-margetsh%C3%B6chheim-lebt-es-sich-so-ungef%C3%A4hrlich-wie-kaum-sonstwo-in-deutschland?highlight=WyJwb2xpemVpIl0=

 

Margetshöchheim gehört zu den sichersten Gemeinden Deutschlands. Einige beklagen jedoch, dass der Respekt abnimmt und der Ton rauher wird. (Foto: Tina Göpfert)

 

Die neue ILE-Liege am Grillplatz wurde innerhalb weniger Wochen beschmiert und beschädigt. (Foto: Tina Göpfert)

 

 

Im Margetshöchheimer Wald ließ die Gemeinde junge Bäume nachpflanzen. Was treibt einen Menschen dazu, diese Bäumchen mit einer Astschere abzusäbeln? Die Gemeinde ist bestürzt über diesen Vandalismus. (Foto: Gemeinde Margetshöchheim)